»Die erzenen Reiter auf den Heldenplätzen, die waren nie unsere Retter«, sangen schon Heinz Rudolf Unger und die Schmetterlinge in ihrer »Proletenpassion«. Schaut man sich die Wiener Denkmäler genauer an, stellt sich die berechtigte Frage, ob diese tatsächlich repräsentativ für eine moderne, weltoffene und vielfältige Metropole stehen können. Nur, was soll man mit den ganzen hohlen Bronzeköpfen anfangen? Ersatzlos schleifen? Nach Vorbild von Bristol in der Donau oder im Neusiedler See versenken? Oder kontextualisieren, wie es zuletzt der Nahostexperte Thomas Schmidinger vorgeschlagen hat, der sich anno 2002 um die Siegfriedkopf-Nase verdient gemacht hat? Die Statuen-Challenge ist hiermit auch für Wien eröffnet!
Erzherzog-Carl-Denkmal am Heldenplatz
Da wir weder einen heldenmüthigen Führer der Heere Österreichs noch einen beharrlichen Kämpfer für Deutschlands Ehre benötigen, empfiehlt es sich, dieses Reiterdenkmal in einen Ort der Aufmunterung für an Epilepsie und Depression Leidende umzugestalten. Auch die Integration in einen Skatepark wäre zu erwägen, denn unsere Skateboards sind wichtiger als Habsburg.
Prinz-Eugen-Denkmal am Heldenplatz
Die Einschätzung dieses Feldherrn und Vorkämpfers des habsburgischen Imperiums ist selbst unter österreichischen Linken nicht einhellig negativ: Eva Priester, Ernst Fischer/Lou Eisler und Erwin Riess schätz(t)en seinen unverhüllten, antiklerikalen Blick auf die Defizite der Monarchie und betrachten ihn als bedeutendsten politischen Denker seiner Zeit, dessen kluge Vorschläge von der Staatsspitze missachtet wurden. Wie auch immer: Das Denkmal ist einzubetten in ein Areal, auf dem alljährlich am 30. Mai zur Erinnerung an die Ibiza-Donnerstagsdemo Feierlichkeiten mit den Vengaboys und dem Screening des vollständigen Ibiza-Videos stattfinden, zum Abschluss singt Isabel Frey »Daloy Politsey/Nieder mit HC«.
Kaiser-Franz-Joseph-Denkmal im Burggarten
Er hat geprüft und erwogen, war sich der Tragweite Seines Entschlusses und Seiner Verantwortung bewusst, aber halt leiderleider gezwungen, zur Wahrung der Ehre der Monarchie zum Schwerte zu greifen, auf dass das technoromantische Abenteuer aka Weltkrieg I seinen Lauf nehme. Umgestaltungsvorschlag: Rücklinks auf den Rasen des Burggartens legen, Umwidmung in eine Hommage an die 1979/1981 um Rasenfreiheit kämpfende Burggarten-Bewegung.
Kaiser-Franz-Denkmal in der Hofburg
Gegenüber den frühen österreichischen Demokrat*innen war diese »Nichtigkeit in Galauniform« (so sein Widersacher Napoleon) ein besonders übler Scharfmacher. Am besten aufpumpen zu Helmut Qualtinger in der Rolle des Herrn Karl. Zum Jahrestag der Ausrufung des autonomen, von Angehörigen der Burschenschaft Hysteria selbstverwalteten Kantons Velké Moravské pole/Großmarchfeld (formerly – zu Zeiten des überwundenen Kapitalozäns – known as Republik Österreich) wird hier der Hor 29. Novembar »I am from Austria« auf Romanes intonieren.
Maria-Theresia-Denkmal am Burgring
Welche Devotionsform wäre besser geeignet, die Dichterfürstin und Chefin des Internets Stefanie Sargnagel noch zu Lebzeiten zu ehren, als den Thron der Kaiserin für sie freizumachen? Zu ihrem Fuße seien im Staub sich vor Verehrung plättende Statuen von Peter Handke, Robert Menasse und Daniel Kehlmann gelegt.
Lueger-Denkmal am Dr.-Karl-Lueger-Platz
Hier stammt der beste Vorschlag vom Ornithologen Dr. Günter Hack, kurz und bündig getwittert am 19. April 2012: »durch eine Monumentalstatue von Hermes Phettberg als Marc Aurel ersetzen«.
Radetzky-Denkmal am Stubenring
Die Reiterstatue des Schlächters der Revolution von 1848 ist bereits an Versetzungsaktionen gewöhnt (zuletzt 1912), schon allein das geschichtsvergessene, die besten Dirigenten der Welt zum Verzweifeln bringende Klatschen des Neujahrskonzertpublikums rechtfertigt eine Umgestaltung. Das Denkmal könnte fortan als Mahnmal für Opfer der berittenen Polizei dienen, als versöhnliches Zeichen der bewaffneten Macht gegenüber kann dabei auch der am 6. Juni 2020 in London von einer Verkehrsampel attackierten und zu Fall gebrachten Polizeireiterin gedacht werden.
Trümmerfrauen-Denkmal an der Mölker-Bastei
Dieses erst 2018 errichtete Zeugnis rechtsextremer Geschichtsverfälschung sollte entweder zu einem Mahnmal des Skandals um den Stadterweiterungsfonds umgewidmet werden oder aber seinem ursprünglichen Vorbild entsprechend (die nackte Frau war als »Badende« konzipiert worden) zur Wasserrutsche umgestaltet in der Alten Donau beim Gänsehäufel aufgestellt werden.
Anton Tantner ist Historiker, zuletzt erschien von ihm bei Mandelbaum »Von Straßenlaternen und Wanderdünen. Miniaturen aus dem abseitigen Wien«. Mit diesen unverbindlichen Vorschlägen bewirbt er sich um die hoffentlich lukrative, nicht unter dem Gehalt eines Novomatic-Vorstandsmitglieds dotierte Stelle eines Wien-Anders-Denkmalschutzbeauftragten für die bei den kommenden Wienwahlen antretende Liste »Links«.