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»Chuck\’s Zimmer«

Frühe Gedichte und Liedtexte Wolf Wrondatscheks sind vor kurzem - in einem Buch versammelt - erschienen.

Nach Marcel Reich-Ranicki ist Wolf Wondratschek ein großer Autor. Reich-Ranicki hat einst gemeint, jeder Autor, der zumindest ein gutes Buch geschrieben hätte, sei ein großer Autor. Das ist Wondratschek, der heute in Wien lebt, mit dem inzwischen vergriffenen Band »Menschen, Orte, Fäuste« längst gelungen: Das Buch war eine Sammlung Wondratschekscher Kurzgeschichten und Reportagen, etwa über die Stadt Miami oder den eigenwilligen Boxer Prinz von Homburg – das waren Reportagen, die Hemingway zur Ehre gereichten. Dann gab es auch Schwächeres von Wondratschek zu lesen: Das Buch »Mozarts Friseur« (Hanser: München: 2002) ist trotz gut gelungenen Passagen als Nebenwerk anzusehen.

Alkohol, Frauen und andere Exzesse

Vor kurzem hat dtv drei Gedichtbände Wondratscheks kompiliert: »Chuck\’s Zimmer« (1974), »Das leise Lachen am Ohr eines anderen« (1976), »Männer und Frauen« (1978) und »Letzte Gedichte« (1980). Das Buch »Chuck\’s Zimmer« war lange Zeit der meistgekaufte Gedichtband im deutschsprachigen Raum. »Für viele bin ich bis heute der Autor dieser Gedichte geblieben«, sagt Wondratschek in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung im Jahr 2006.
Alle Gedichte und Songtexte sind inhaltlich und stilistisch der Sturm und Drang-Phase des Autors zuzuordnen – da geht es um Frauen, Boxen, Nachtclubs, Alkohol und andere Exzesse, oft sind es Prosagedichte, die Bilder der angry young men der 1970er Jahre evozieren. Ob gewollt oder nicht: Wondratscheks Gedichte erinnern an seinen nordamerikanischen Kollegen Charles Bukowski. Apropos Nachtclubs: »Chuck’s Zimmer« enthält auch eine Reportage über die deutsche Prostituierte Domenica, mit dem den Autor eine Freundschaft – und vielleicht mehr – verbindet.

Unwichtig wie die Südsee

Insgesamt sind es kraftvolle und stilsichere Gedichte, von denen manche dennoch eine feine Klinge schwingen. Um zu zeigen, was gemeint ist, sei zum Abschluss einfach Wolf Wondratschek selbst zitiert. Auf Seite 267 des empfehlenswerten Bandes »Chuck\’s Zimmer« steht dieses titellose Gedicht: »So möchte ich werden:/ unwichtig wie die Südsee/ genügsam wie Pinguine im Packeis/ gleichgültig wie einer/ der auf Sieg setzt«

Wolf Wondratschek: »Chuck\’s Zimmer« (dtv: München: 2007), 333 Seiten, 9,50 Euro

>> www.dtv.de

Home / Kultur / Readable

Text
Jürgen Plank

Veröffentlichung
30.08.2007

Schlagwörter

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