»Das Bauhaus: Ein rettendes Requiem« © Dominika Krejs
»Das Bauhaus: Ein rettendes Requiem« © Dominika Krejs

Beerdigung und Auferstehung

Das Bauhaus und Schorsch Kameruns Versuch eines Begräbnisses an der Volksbühne Berlin mit anschließender Punk-Zelebrierung. Ein Nachbericht.

Einige Worte hier vorausgeschickt zur Lage der Volksbühne Berlin, die lange Zeit von Krisen in ihrer Führungsebene gebeutelt war, was zu umfangreichen Protesten seitens des Publikums führte: Sie wird ab Herbst 2019 mit ihrer neuen Leitung – dem großartigen René Pollesch – vermutlich einen bravourösen Neustart hinlegen.

Auftrag und Intention der Volksbühne war immer schon »vom Volk fürs Volk«, ohne Migrant*innen und andere Minderheiten zu exkludieren. Spannend diesbezüglich also auch die Premiere von »Das Bauhaus: Ein rettendes Requiem«, das bereits in Zeiten des umstrittenen, vormaligen Leiters Chris Dercon beauftragt wurde. Am 20. Juni 2019 fand sie in Form eines Parcours statt, für den Besucher*innen zu Beginn mit Kopfhörern ausgestattet wurden und sich damit unkonventionell frei durch das Theater bewegen konnten.

Requiem zum Jubiläum
Das Bauhaus feiert 2019 sein 100-jähriges Jubiläum, wodurch es aktuell vielerorts allumfassende Präsenz und Beachtung genießt. Im Zuge dessen entstand auch dieses Stück von Schorsch Kamerun, das sich kritisch mit der Kommerzialisierung der Bauhaus-Idee, sowie der Rolle von Frauen darin auseinandersetzt. Vorteilhaft jedenfalls, wenn die Zusehenden bereits über ausreichendes Vorwissen dazu verfügen, denn an diesem Requiem-Abend wird an den Aktionsorten Bezug genommen, kommentiert und reflektiert, nicht aber erklärt. Inhaltliche Bezüge sind dementsprechend leider äußerst schwer herzustellen und zu erfassen.

Das rührt wahrscheinlich daher, dass, wie das Programmheft zu diesem Abend preisgibt, der positivistische Glaube an die Vollständigkeit von Wissen und Verstehen verloren gegangen ist. Ein Hantieren mit Unwissenheit und Unvollständigkeit resultiert daraus. Es wäre nicht Schorsch Kamerun, wenn nicht auch in dieser Vorführung klar Kapitalismus- und Konsumkritik geübt würde. Viel Auslegungs- und Interpretationsarbeit ist also gefragt an diesem Abend – begonnen bei der jungen Crew, die z. B. Zitronenbäume durch die Räumlichkeiten trägt.

Einen ganz klaren Pluspunkt stellt die Musik dar. Unklar gerät allerdings mitunter die Rolle der durch die Räume schreitenden Sängerin. Schorsch Kamerun hingegen erreicht sprechend und singend sein Ziel und große Wirkung. Interessant die flüsternde Darstellerin, in Großaufnahme auf Video übertragen, die Bezug nehmen könnte auf aktuelle YouTube-Entwicklungen mit anschließender Kreditkartenzahlungsaufforderung. Die Ratlosigkeit vom Anfang der Vorstellung geht in tosenden Applaus zu Ende des Stücks über.

Alte Sau © Dominika Krejs

Wow! Alte Sau!
Nach dem Ende des Requiems und einer Pause folgt auf der Bühne die Hamburger Band Alte Sau – mit ihrem coolen, betagteren Frontsänger Jens Rachut (vormals auch in den Bands Angeschissen, Dackelblut, Oma Hans, Kommando Sonnenmilch und weiteren), großartigem Schlagzeuger Raol Dorè, unterstützendem Gitarristen sowie an der Heimorgel und dem Synthesizer einer Frau: Rebecca Oehms, die stellenweise ebenfalls singt. Wirkmächtig, der Sound dieser Band, mit ihren Einflüssen der Neuen Deutschen Welle, gepaart mit düsteren Texten und Punk-Einschlag! Das Publikum springt auf und rockt ab. Klares Highlight! So etwas würde man sich am Burgtheater Wien auch wünschen. Oder wenn es nur das kleinere Volkstheater wäre.

Link: https://www.volksbuehne.berlin

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