Wordsound ist ein Konglomerat, das dem HipHop neue Qualitäten in Sachen sonischer Grundlagenforschung abringen konnte. Allerdings hat es WS nicht geschafft, sich zu öffnen, sogar irgendwie hermetisch wurden andere Strömungen wie etwa (Detroit-)Techno (als naheliegendste Andockstelle Drexciya) ausgeblendet. Als Resultat bleibt: Das Koordinatensystem bleibt kohärent, dafür erkennt man sofort, worum es sich handelt. Der Stempel ist einprägsam, aber eben ein Stempel. Wenn Label-Mastermind Spectre auf »Psychic Wars« wieder in die Tiefen der HipHop-geerdeten Soundforschung in Dope-Beat-geschwängerter Stummfilm-Geschwindigkeit absteigt, dann ist das in gewisser Weise vorhersehbare Psychodestruktion mit gesamtkultureller Erdung: »Angst nix gut. Angst essen Seele auf.« Das Zeichensystem des Ill Saint ist nach wie vor ein düsteres in Slow-Motion-Manier à la C.T. Dreyers »Vampyr«. Dabei war es noch nie so einfach, die Koordinaten für die interstellare Reise von Skiz Fernando aufzuspüren: Eine zersplitternde Kristallkugel, Hieroglyphen und Spectre mit einer illuminierten Pyramide in der Hand. Unter dieser afro-diasporischen Oberfläche tummeln sich (verhältnismäßig) eingängige Tracks, wenn Rapperin Honeychild zum Mikro greift, wird daraus der Pflock aus dem »Vampirekilla« von »The Second Coming«, Sensational kommt auch nicht zu kurz und biegt die Stücke in Richtung Dälek und Model500. Mit drei potenziellen Hits ausgerüstet, ist das wohl das zugängliche Album des Ill Saint, der dabei nichts an schneidender Beobachtung und Schärfe einbüßt, allerdings dem Sublimen manchmal ganz geschickt ausweicht.
Mentol Nomads »Mentallica And Its Inhabitants«, die nun endlich mit einiger Verzögerung auch bei uns zu haben ist, ist mit verschleppten Beats in die Unendlichkeit unterwegs. Filmsamples mit Monstren und sonstigen (un-)guten Erscheinungen, knarrende Türen, Totenköpfe und der Grand Omi: Signifikanten einer Sound-Kosmologie über das Land Mentallica. Das ist ein definitiv der Sonne abgewandter Ort. Mentol Nomads HipHop, voll mit spiritistischen Avancen, Knochenflötensounds aus der Psychic-TV-Kiste und Beats, die zu wild durch den Raum fliegenden Zeitpartikeln werden, ist in 17 Tracks der Soundtrack zu dem Psycho-Slasher-Film in deinem Kopf. »Mentallica« ist direkt, macht keine Kompromisse, frisst sich wie ein Bazillus direkt durch die Hirnplatte in die Eingeweide hinunter. Was hier verhandelt wird, ist die (latein-)amerikanische Brechung der postindustriellen Occulture-Strategien zur akustischen Aushebelung der Wahrnehmung. Da braucht’s keine Zusatzstoffe mehr, dass sich die Wände krümmen: Diese Musik zerknüllt Raum und Zeit, gegengefedert von herbem Suspense. Eine Gnackwatschen für die Hirnzellen.