Wie aus dem Titel – »Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert« – hervorgeht, wurde der Redaktionsschluss früher erwartet. Zu umfangreich gestaltete sich die Knochenarbeit. In einem Zeitraum von über vierzig Jahren durchlief der Architekturkritiker tausende Kilometer von Gassen und Straßenzügen. Mehr als 15.000 Einträge legen nun Zeugnis ab über eine Stadt, die sich beim Lesen im Buch zunehmend als eine unbekannte erweist. In den zum Teil literarischen Beschreibungen wird Sachwissen auf ganz unakademische Weise vermittelt, wodurch sich auch ein Verständnis für Objekte einstellt, die man zuvor noch nicht einmal wahrgenommen hat. Gerade scheinbar Marginales wie Buswartehäuschen oder Wasserbehälter (so untypisch für die Gattung Architekturführer wie die Gesamtausgabe selbst) finden Platz, denn »je mehr man über etwas weiß, desto mehr schätzt man es. Also schee oder schiach – auf das Thema lass‘ ich mich überhaupt nicht mehr ein.« Wider ästhetische Pauschalbewertungen wird meist knapp aber voll inhaltlicher Dichte der Fokus auf etwas ganz Wesentliches gelenkt. Das Wesentliche – und sei es eine Fragestellung – geht auf die akribische Recherche zurück, an der auch Gabriele Kaiser mitwirkte. Anders bei den städtebaulichen Analysen der jeweiligen Gemeindebezirke – die prägnante Zusammenfassung lässt einen Gesamteindruck entstehen, der LeserInnen (glauben Sie mir) einfach glücklich und zufrieden macht. Und während im Vorwort vom Architekturführer als »Zugang zur Stadt, der es riskiert, sie gar nicht zu erreichen« die Rede ist, sei hier entgegnet: Er hat sie nicht nur erreicht, er hat sie gepackt!
Friedrich Achleitner/Architekturzentrum Wien (Hg.): »Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert III/3; Wien 19.-23. Bezirk« St. Pölten: Residenz Verlag 2010, 500 Seiten, EUR 49,90
Weder schee noch schiach
Endlich ist er da! Der fünfte und damit letzte Band komplettiert mit den Wiener Gemeindebezirken 19 bis 23 den »Achleitner«.
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