Zum 37. Mal finden die Konfrontationen in Nickelsdorf heuer statt, nicht gerade das rundeste Jubiläum also, doch es gibt ein Schmankerl für Jubiläumsfreunde, die Jazzgalerie feiert heuer ihren 40. Geburtstag. Wenn das kein Grund ist, nach Nickelsdorf aufzubrechen? Nein? Nicht? Also gut, dann wegen dem Line-Up. Nickelsdorf 2016 bietet traditionsgemäß ein kompetentes und buntes Programm, 65 Musiker und Musikerinnen aus fünf Kontinenten werden zu sehen und vor allem hören zu sein. Von Maja Osojnik bis John Butcher, von Martin Siewert bis Isabelle Duthoit, von Flo Stoffner bis Kai Fagaschinski, von Michel Doneda bis Oren Ambarchi, um jetzt nur wahllos ein paar Namen zu nennen. „Stark wie nie zuvor“, so verrät uns die Festivalleitung, „ist heuer die Beteiligung der österreichischen Szene wie auch der Frauen. Und natürlich werden neben internationalen Stars des freien Spiels, deren Entwicklung die Jazzgalerie schon lange verfolgt und begleitet, auch Musiker und Musikerinnen zu hören sein, die das erste Mal in Nickelsdorf auf der Bühne stehen.“
Nun gut, man muss zugeben, das klang auch in den letzten Jahren schon ähnlich. Aber ein Festival, dass mittlerweile 37 Jahre auf dem Buckel, und mehr noch ein Genre, das mittlerweile fast ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel hat, da wird es natürlich schwer, Jahr für Jahr Einmaligkeit zu behaupten bzw. in schönen Worten zu beschwören. Zwar steht das Genre Impro grundsätzlich für die Einmaligkeit des kreativen Moments, des schöpferischen Aktes, der in der Selbstherausforderung oder in der Begegnung musikalischer Persönlichkeiten entsteht, aber in den langjährigen Praxis lässt sich diese Einmaligkeit eher doch am besten in einem gewissen, vertrauten Setting genießen. Dass man ein paar der Musikerinnen und Musiker kennt, ist zum Beispiel kein schlechter Anfang, um dem Genre Improvisation mehr Sympathien entgegen zu bringen und oft vorhandene Berührungsängste einzudämmen.
Es ist ja kein Geheimnis, dass wir da von einer absoluten Nischenmusik sprechen, die Jahr für Jahr nur ein Grüppchen handverlesener Eingeweihter in ihren Bann zu schlagen vermag. Das ist einerseits ein bisschen ein Fluch, denn nach Nickelsdorf zu fahren hat immer den Hauch von einem Klassentreffen, das hat umgekehrt einen besonderen Charme. Man fährt nicht auf ein gesichtsloses, überlaufenes, überhyptes Festival, sondern man fährt zu einer Institution. Und so fühlt man sich in der Regel auch ziemlich bald, wenn man es bis nach Nickelsdorf geschafft hat – als wäre man durch die bloße Anwesenheit und das reine Interesse schon aufgenommen in einen Kreis der Auserwählten. Was immer man von dieser Auserwähltheit halten will, es ist jedenfalls ein besonderes Flair, das Neuankömmlinge in Nickelsdorf erwartet. Und wer schon dort war (und die meisten waren schon dort), weiß ohnehin, was hier gemeint ist.
Also? War das jetzt ein besserer Grund, um sich ins viertägigen Improvergnügen nach Nickelsdorf zu schmeißen? Sicher, oder? Ach, tun Sie mir den Gefallen, denn sonst habe ich diesen Text wirklich nur für jene geschrieben, die sowieso vorhatten, nach Nickelsdorf zu fahren. Welchen Sinn hätte das dann?