Demokratie ist das Gebot der Stunde. Der Krieg, der wenige Bahn-, Bus- bzw. Autostunden von Wien entfernt tobt, macht dies unmissverständlich deutlich. Wie aber glaubhaft demokratische Formen des (friedlichen) Aushandelns finden, wenn selbst in entwickelten Demokratien wie der österreichischen das »getäfelte Hinterzimmer« regiert? Dies führten jüngst die Vorgänge rund um die Lobau-Verbauung vor Augen. Am Beispiel des heiß umkämpften Feldes der Verkehrspolitik will der Zukunftsrat Verkehr neue Formen demokratischer Mitbestimmung vorschlagen und in die Tat umsetzen.
Was ist ein Zukunftsrat?
Dazu ist es wichtig, dass möglichst alle gehört werden. Ein »Zukunftsrat« möchte mittels Zufallsauswahl ein demografisches Abbild der Gesellschaft finden, das nicht nur aus denen besteht, die sich ohnehin bereits politisch engagieren und die – aus unterschiedlichen Gründen – bereits besonders outspoken sind. Zuweilen entstehen bei Räteversammlungen »magische Momente«, weil ernstgenommen und angefragt die Menschen sehr wohl von ihren eigenen Interessen absehen können. Aber wie brauchbar und vor allem durchsetzbar sind die Ergebnisse dieser Bürger*innenräte?
Das kritische Salon-Publikum legte bei der Diskussion sofort den spitzen Finger in manche konzeptuelle Wunde. Keine Frage, die Umsetzung von Räten ist schwierig. Die Diskussion pendelte zwischen den beiden Spannungsfeldern, wie konkrete Maßnahmen denn auch praktisch politisch durchsetzbar sein würden, damit ein Zukunftsrat kein »Feelgood-Projekt für die wenigen, die mitmachen« wird, und der Notwendigkeit eines tiefgehenden Bewusstseinswandels. Die Sackgassen sind hinlänglich bekannt und der Politfrust gut artikuliert.
Dem entgegen die Frage ans Publikum: Wer hat Lust darauf, sich selbst und die eigenen Denkweisen zu ändern? Die Grundannahme der meisten Bürger*innen: »Ich wünsche mir eine*n Politiker*in, der*die sich für meine Interessen einsetzt« ist grundfalsch. Es wären schlechte Politiker*innen, die individuelle Partikularinteressen durchsetzen. Aufgabe der Politik ist es, zu entscheiden und durchzusetzen, was sinnvoll, heilsam, lebensverbessernd für möglichst alle ist. Der Parlamentarismus, wie wir ihn kennen (Stichwort Chat-Protokolle), scheint dem mitunter nicht mehr gewachsen zu sein. Also: »Her mit den Räten!«, damit die Politik wieder lustig und lustvoll wird. Viel Spaß beim Nachhören.
Es diskutierten: Caro Hammoutene (Ludwig Boltzmann Gesellschaft), Florian Wagner (Democracy International), Gerhard Schuster (European Public Sphere) und Luise Wernisch-Liebich (respekt.net). Moderation: Ania Gleich (skug) und Frank Jödicke (skug), Ton: John Norman (Rhiz).
Link: Zukunftsrat Verkehr