»FLY or DIE LIVE«

Wie im ausführlichen Artikel über die fantastische International Anthem Recording Company angekündigt, ist nun das Live-Album der grandiosen Trompeterin Jaimie Branch erschienen; vorerst digital, die Tonträger folgen Ende Juli. »FLY or DIE LIVE« wurde am 23. Jänner 2020 im Zürcher Moods in bester Qualität aufgenommen. Es versammelt die meisten Stücke von Branchs auf International Anthem veröffentlichten Alben »Fly or Die« (2017) und »FLY or DIE: Bird Dogs Of Paradise« (2019). Branchs bestens eingespieltes Quartett mit Lester St. Louis (Cello, Percussion), Jason Ajemian (Bass, Percussion) und dem vielbeschäftigten Chad Taylor (Drums, Mbira) strotzt nur so vor Spielfreude. Taylors Rhythmen animieren immer wieder zu spontanem Shaken. Bei Highlights wie »Nuevo Roquero Estéreo« und »Theme Nothing« als Closer gibt’s kein Stillsitzen. Freilich lebt das ganze Set von einer Dynamik, die auch ruhigere Passagen zulässt. Bemerkenswert ist dabei auch das Zusammenspiel von Bass und Cello, wie man es ja nicht so oft zu hören bekommt. Und Branch weiß eben nicht nur mit der Trompete – egal, ob gemutet oder mit Echo – markante Akzente zu setzen. Die markigen Statements kommen selbstverständlich nicht zu kurz. »This is a warning, honey!« heißt es im viertelstündigen »Prayer For Amerikkka Pt. 1 & 2«. Ein Warn- und Weckruf, der allen Rassismen überall gilt. Und schließlich gibt Branch auch noch ihren bluesig beginnenden »Love Song … for assholes and clowns« zum Besten. Versöhnlich? Mitnichten! Aber im freundlich-bestimmten Modus »Lächeln ist doch die schönste Art, denen die Zähne zu zeigen«, ließe sich auch hierzulande den Bastis und Blümeln des Bösen begegnen. Branch selbst konnte sich zunächst gar nicht mehr an diesen Gig, quasi am Vorabend der Pandemie, erinnern. Doch nachdem sie den Mitschnitt das erste Mal gehört hatte, urteilte sie: »I think this is like the best that we’ve ever played.« Wir, die wir nicht dabei sein konnten, wollen auf keinen Fall widersprechen.