»I can be an engine buzzing like a bee, I’m a real independent. Doing the laundry and planning for the future.« Es ist ein gut gehütetes öffentliches Geheimnis, dass die Nationalsozialisten zu den ersten großen Stützern und Verwirklichern der weiblichen Emanzipation zählten. War ja auch praktisch: Mehr gesellschaftlicher, wirtschaftlicher wie sexueller Einsatz, Generalverzweckung, im Tausch für ein bisschen Ent-Katholisierung und theoretischen Selbstrespekt einer Geschlechtsschicht. Dies war natürlich eine weitgehend virtuelle Emanzipation, aber eine, an die der Kapitalismus heute nahtlos anschließen kann. Sozial erfüllt, was innerhalb der kanonisierten Erfüllungsmaßstäbe gute Erträge abwirft und gegenüber der Ökonomie und Bruttosozialleistung optimierbar ist. Die weibische Power- Ich-AG von Beyoncé über Paris Hilton bis zur neo-arischen Gänseblümchen-Glorie einer Miley Cyrus: sie alle sind vollkommen selbstbestimmt in ihrer Freiheit, sich herzurichten und gefällig der Aktienrendite entgegenzuspreizen. Das man dem Kapitalismus entsagt, die wahre Loslösungstat, ist in der Popkultur nicht mehr drin. Mit Dänin Nanna Øland Fabricius alias Oh Land und ihrem dritten Plattenprodukt ist nun der versteckte Mainstream-Backlash auf kaiserlich perfide Art im Independent angekommen: Das Fräuleinwunder ist goschert, frech und lasziv, immer blendend, aber auch earthy hergerichtet, vintage-retro und doch voll cyber. Frauenrecht wird ein Lollipop-getränktes Disneyland, in dem frau Männer zu Tode lieben darf, bei aller gendergerechten PC-ness dann doch den Boxerpenis anschmachtet und Hausarbeit wie Unterwerfung eben doch wieder Spaß machen dürfen. Oh Lands im Platten- Ober-Hit besungenes »Renaissance Girl« bedient natürlich die Ironie. Aber eine Ironie der zusätzlichen Markterschließung, nicht eine der kritischen Reflexion. Da groovesaftelt der Electro-Bop auf R’n’B und Synthie-Schwof, gibt es Skandi-Delights Marke Lykke Li im IPod- Zuckerbad. Da sind Heim und Herd nicht mehr Gefängnisstation im männerbestimmten Leben. Da schleppt die Frau Heim und Herd transglobal, fröhlich und dauerhaft mit sich mit. Oh Land ist nicht so aufdringlich synthetisch wie Lady Gaga, es ist die handgesponnene Variante des rechtskonservativen ethischen Kahlschlags, den die One World Marktwirtschaft seit über 20 Jahren kanonisiert. Und wenn ich mit dem ins Bett gehe, dann nur so ultrasweet und honigtrunken wie mit Oh Land. Kissy Kiss, Baybee.
Oh Land
»Wishbone«
Federal Prism
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