Soul Jazz Records hat sich wieder einmal einen ausführlichen Albumtitel für diese Compilation einfallen lassen. Wie der mittlere Teil des Titels andeutet, ist »Studio One in the 1960s« ein buntes Potpourri von Songs und Stilen, die zwischen 1965 und 1971 von Sir Clement »Coxsone« Dodd produziert wurden bzw. in Jamaica Mode waren, also Ska, Rocksteady und früher Reggae (anfänglich »Reggay« geschrieben). Wobei viele der hier kompilierten 18 Songs stilistisch nicht eindeutig zuordenbar sind. Tempo, Instrumentierung und Rhythmik sind häufig Genre-übergreifend. Peter Toshs »I’m the Toughest«, einer der vielen herausragenden Songs dieses Albums, aus dem Jahr 1967 ist ein Hybrid aus Ska und Rocksteady. Toshs Neueinspielung dieses Songs zehn Jahre später für das Album »Bush Doctor« war dann klassischer Reggae. »Morning Sun« (1966) von den Gaylads hat das (verlangsamte) Tempo des Rocksteady, aber die Instrumentierung des Ska. Delroy Wilsons »Just Because of You« (1971) ist souliger Reggae, wie er für die Frühphase des Reggae typisch war. »Sunday Coming«, von Alton Ellis ein Jahr davor eingespielt, ist ein gutes Beispiel für die Übergangsphase von Rocksteady zu Reggae.
Musikalischer Zeitgeist hat für Clement Dodd immer wenig Bedeutung gehabt, weniger jedenfalls als für konkurrierende Produzenten. Sein unkonventioneller Zugang zu Musik und Moden hat die jamaikanische musikalische Landschaft positiv befördert, wie schon Lloyd Bradley im Begleit-Essay zur SJR-Compilation »Rocksteady« 2014 feststellte. Aufgenommen (wenn auch nicht immer veröffentlicht) wurde, was gut klang, nicht mehr und nicht weniger. Und dieser Philosophie verdanken wir Perlen wie den souligen Rocksteady »Look Who’s Back Again« von Slim (Smith) and Delroy (Wilson), aufgepeppt mit einer Prise Ska, den schmachtenden, klassischen Rocksteady-Lovesong »Love Me Girl« von Leroy (Sibbles) and Rocky (Anthony Ellis) oder das lange vergriffene »Destiny« von den Wailers aus der Ska-Ära. Alle Tracks dieser Zusammenstellung sind zudem schon seit geraumer Zeit – falls überhaupt – nur noch schwer erhältlich. Hat Soul Jazz Records auf früheren solchen Samplern mehr oder weniger bekannte oder leicht erhältliche Titel mit diversen Raritäten gespickt, so wird nun wahrlich ein Füllhorn rarer Kostbarkeiten über die Fans dieser Musik ausgeschüttet.