p.m.k Innsbruck © Daniel Jarosch
p.m.k Innsbruck © Daniel Jarosch

Subkultur in der Corona-Krise #9

Die p.m.k Innsbruck ist die Subkultur-Institution der Tiroler Landeshauptstadt. Aus ihr heraus wurde vor zehn Jahren das Heart of Noise Festival gegründet. Chris Koubek, geschäftsführender Obmann der p.m.k und mit Stefan Meister Organisator des Heart of Noise im Interview über Wege aus der Malaise.

2006 organisierte der Autor dieser Zeilen eine kleine Salon-skug-Tour mit Miss Hawaii (der Hamburger Vokalist/Elektroniker Teppei Ozawa und Ex-Boredoms-Drummer E-da). Der Gig war kratzbürstig weird, wie es sich für das japanische Duo gehört, und die Bedingungen in der p.m.k waren rundum zufriedenstellend. Die p.m.k ist eine segensreiche Einrichtung, die vieles, nicht nur für den Tiroler Underground, ermöglicht und als Keimzelle des Heart of Noise Festivals über nationale Grenzen hinaus Bedeutung hat. Mitbegründer Chris Koubek erweist sich im E-Mail-Chat als Optimist und hat das heuer für Juni terminisierte 10. Heart of Noise Festival in den Herbst 2020 verlegt.

skug: Welche Konsequenzen hat die Stilllegung des subkulturellen Konzert-/Clubbetriebs für die p.m.k in Innsbruck? Und inwiefern ist die p.m.k in Kontakt mit dem Kulturamt der Stadt Innsbruck bzw. Tiroler Landeskulturstellen bzw. Bund? Wird Schadensbegrenzung bzw. -wiedergutmachung angeboten?
Durch die spezielle Struktur der p.m.k als aktiver Zusammenschluss von über 30 Innsbrucker Kulturvereinen, die ihre Veranstaltungen in der p.m.k eigenverantwortlich und zum Großteil professionell ehrenamtlich durchführen, halten sich die Einnahmeausfälle durch Veranstaltungsabsagen für die Basis der p.m.k in Grenzen. Finanziell am meisten betroffen sind Musiker*innen und Bands sowie Freelancer wie Tontechniker*innen oder Türsteher*innen. März, April und Mai sind ja jene Monate im ersten Halbjahr mit der höchsten Veranstaltungsdichte. Allein in der p.m.k sind in diesen dreieinhalb Monaten an die 50 Veranstaltungen mit über 100 Acts geplant gewesen, die jetzt natürlich alle abgesagt haben werden müssen. Das ist natürlich auch ein extremer ideeller Verlust. Bis auf ein paar allgemeine Schreiben zur Verwendung der Subventionen und Anpassung der Anträge ist von Seiten der Subventionsgeber (Stadt Innsbruck/Land Tirol/BKA) kein direkter Kontakt zu uns aufgebaut worden, also spezifische Problemfelder sind nicht abgefragt worden. Und da geht es vielen Innsbrucker Kulturorten, mit denen ich gesprochen habe (Treibhaus/Bäckerei/Leokino), gleich. Ich denke, es wäre höchst an der Zeit, dass hier eine Bestandsaufnahme der Kulturabteilungen passiert. Wir haben das getan bzw. sind da gerade dabei, einen ersten Bericht zur Situation, den abgesagten Veranstaltungen und den Maßnahmen der p.m.k an die Kulturämter zu schicken.

Wichtige Zusatzfrage: Das von skug-Autor Christoph Benkeser 2019 rezensierte Heart of Noise-Festival hätte heuer wann stattgefunden? Welche Konsequenzen hat die Absage? Können Programmteile nach 2021 verschoben werden?
Das Heart of Noise Festival Innsbruck, das 2020 sein zehnjähriges Jubiläum feiert, war ursprünglich für Anfang Juni geplant und wird aufgrund des allgemeinen Veranstaltungsverbots auf Anfang Oktober (1.–3. 10. 2020) verschoben. Hauptspielort wird wie schon 2019 der große Saal des Haus der Musik und der Vorplatz des Haus der Musik für gratis Open-Air-Konzerte und Performances sein. Es wird versucht, das ursprünglich geplante Festivalprogramm so weit wie möglich auf den neuen Termin zu verschieben. Programmdetails werden wir im Juli bekanntgeben, falls bis dahin Klarheit herrscht, ob das Festival stattfinden kann oder nicht. Wir geben die Hoffnung aber nicht so schnell auf. Sofort ersatzlos absagen, war für uns keine Option.

Kurzarbeit für Beschäftigte an der Bar ist wohl nicht möglich, da keine finanzielle Substanz?
Wie schon oben erwähnt werden die Veranstaltungen in der p.m.k von den p.m.k Mitgliedsvereinen organisiert und durchgeführt und auch alle Einnahmen des Abend aus Eintritt und Getränkeverkauf gehen an die Vereine, d. h. auch die Bar wird von den Leuten der Vereine ehrenamtlich betrieben. In Kurzarbeit sind zurzeit aber die zwei Halbtagsangestellten der p.m.k. Die zwei geringfügig Beschäftigten zahlen wir weiterhin voll. Das muss sich irgendwie ausgehen.

Miete muss die p.m.k wohl auch bezahlen? Oder gibt es eine Art Pacht? Kann um Reduktion bzw. Kulanz angesucht werden?
Erstaunlicherweise war unser Vermieter, der aus der Privatwirtschaft kommt, schnell bereit, uns die Miete für den Veranstaltungsbereich der p.m.k (zwei Bahnviaduktbögen) für die Dauer des Veranstaltungsverbots zu erlassen, was uns sehr hilft. Wobei hier die gesetzliche Lage in der aktuellen Situation recht eindeutig auf Seiten der Mieter ist. Natürlich würde man es im Fall aber nicht auf einen Rechtsstreit mit dem Vermieter ankommen lassen, weil dies wohl sehr leicht auch das Ende der p.m.k am jetzigen Standort bedeuten könnte.

Konzert- und DJ-Streams ins Wohnzimmer sind eine gute Möglichkeit, jedoch ersetzt das keineswegs den Sound, den eine gute P. A., wie jene in der p.m.k, hergibt. Verfolgst du gewisse Streams bzw. was hältst du von dieser alternativen Präsenz, die ja kaum Einkommen verschaffen kann?
Es gibt ja diese prägenden Konzerte, an die man sich wahrscheinlich noch über die einsetzende Demenz hinaus erinnern wird können, diese Konzerte, die die musikalische Sozialisierung durch ihre Intensität entscheidend mitbestimmen … Ich bin gespannt, ob eines dieser Live-Stream-Konzerte in Zukunft auch in diese Kategorie fallen wird, wage es aber zu bezweifeln. Die physische Komponente im Club, der soziale Kontakt, Licht, Geruch … dies alles kann ein Live-Stream nie bieten, er ist also in keinster Weise Ersatz, sondern aktuell eher inflationäre Durchschnittlichkeit zur kurzen Zerstreuung.

Eine Planung für die Zukunft ist schwierig, zu hoffen ist, dass es spätestens im September wieder losgehen kann. Wie läuft die Kommunikation mit Acts/Artists/Managements fürs p.m.k bzw. für Heart of Noise?
Aktuell warten wohl alle die nächsten Ansagen der Regierung ab, wie es nach dem 30. Juni auch mit kleineren bis mittleren Indoor-Veranstaltungen weitergehen kann. Es ist also gerade eher ruhig, was die Kommunikation betrifft. Manche Agenturen versuchen, schon Ersatztermine für 2021 zu reservieren oder haben schon frühzeitig ganze Touren auf nächstes Jahr verlegt. Was Heart of Noise betrifft, schauen wir wie gesagt, dass wir das für Anfang Juni geplante Line-up zum Herbsttermin mitnehmen. Aber auch hier gibt es sehr viele unklare Faktoren, wie Reisebeschränkungen etc. D. h. auch hier ist erstmal Abwarten angesagt, bis sich die Corona-bedingten Nebel lichten.

Wie ist also die Buchungslage im Herbst und wie optimistisch bist du generell? Auch in Anbetracht des Heart of Noise 2021?
In der p.m.k sind bisher 40 Veranstaltungen im Herbst geplant. Neue kommen im Moment kaum dazu, weil einfach noch alles zu unsicher ist. Ich bin grundsätzlich optimistisch, dass kleine Veranstaltungen ab dem Herbst wieder möglich sein werden. Wichtig wäre hier wahrscheinlich, dass zumindest bald ein wirkungsvolles COVID-19-Medikament gefunden bzw. bessere Behandlungsmöglichkeiten für schwere Fälle ermöglicht werden, weil das viel an Schrecken nehmen würde, den manche Krankheitsverläufe bis dato noch haben. Wir denken aber auch schon recht intensiv über alternative Formate und Raumnutzungen nach, sollte es doch länger nicht möglich sein, wie bisher zu arbeiten. Da tun sich schon ganz spannende Ansätze auf.

Danke für das Interview und alles Gute!

Link: http://pmk.or.at/

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