Dass das Wiener Lied viel mehr zu bieten hat, als weinselige Gstanzln, das muss sich noch ein Weilchen herumsprechen. Bislang eher als Gerücht gilt, dass sich hier ein Formenreichtum entwickelt hat, der weit in die Improvisierte Musik einerseits, und in das Weltmusikerbe andererseits hineinreicht. Das macht es aber wiederum gar nicht so einfach mit den Schubladen in der Stilzuordnungskommode. Die »Short Stories« von Judith Reiter (Bratsche) und Julia Schreitl (Saxophon) würde man etwa beim ersten Hinhören vor allem als hübsch verspieltes und natürlich großartig virtuoses Kammerkonzert wahrnehmen. Als schrille, schräge, gerne aber auch hübsch poppige Fingerübung, die jedes Kurparkpublikum sowohl ergriffen machen, wie auch von den Klappsesselreihen fegen würde. Doch zwischendurch verfallen beide Damen in balkaneske Melancholie, oder wehen eher süßliche Gesangsfragmente über minimalistische Themen; oder wird gar ein artig verfremdetes Gstanzl über das Radfahren gesungen. Dafür muss man schon eine gewisse Offenheit mitbringen, aber gerade die Grenzüberschreitung in teilweise nicht so angesagte Genres macht den besonderen Reiz dieser CD aus. Hier findet jede Zielgruppe unverbrauchte, überraschende Passagen.
Juju
»Short Stories«
Preiser Records
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