Das Tolle am Jazz ist, dass er für die allermeisten Musikhörer ein ewiges Mysterium darstellt. Ich zum Beispiel besitze von Miles Davis und Herbie Hancock zusammen 14 mal mehr Tonträger als von Kiss, würde allerdings nicht behaupten die Musik der beiden Jazz-Giganten 14 mal mehr verstehen zu können als jene der New Yorker Hard Rocker. Soll heißen: Guter Jazz bietet im Normalfall ein Beschäftigungsfeld mit hoher Halbwertszeit. Was auch für »Revolution« von Rusconi gilt, obwohl deren Musik ja nicht mal Jazz im gewohnten Sinne ist.
Klar, wollte man »Revolution« einem Unwissenden erklären, käme man um das Wort »Jazz« wahrscheinlich nicht herum. Was Rusconi allerdings auszeichnet, ist dass sie die wohl traditionsreichste Musik der Popkultur mit modernem Vokabular ausstatten, ohne dabei zwanghaft als die großen Innovatoren rüberzukommen versuchen. Das Hinterfragen von Genre-eigenen Codes ist für die Band vielmehr selbstverständlich. Konsequenterweise ragt unter den Songs auf »Revolution« eine Kollaboration mit Fred Frith hervor, der zu den prägendsten Experimental-Gitarristen der Musikgeschichte gezählt werden darf und seit bald 40 Jahren für das genaue Gegenteil von Stillstand steht. Doch auch ohne die Unterstützung solcher Meister legt das Album beredtes Zeugnis des Musikverständnisses der Band ab, in dem Sonic Youth gleichberechtigt neben Thelonius Monk stehen. Man darf den Schweizern wünschen, dass durch die Verleihung des erst kürzlich aus der Taufe gehobenen Musikpreises »Echo Jazz« an Pianisten Stefan Rusconi genug Leute von »Revolution« Notiz nehmen.