Der Dirigent und Flötenvirtuose Christian von Borries lud zur Interpretation eines der bekanntesten Stücke der Klassik und alle zur Mitarbeit am Projekt eingeladenen Größen der elektronischen Musik und neueren Kompositionskunst folgten seiner Aufforderung. Die Aufgabe war, einer Bemerkung von Boulez aus dem Jahre 1955 folgend, die musikalische (Neu-)Interpretation von Claude Debussys »Prélude à l’après-midi d’un faune« – und dezidiert kein Remix des Stücks im herkömmlichen Sinne. Alle Künstler (unter ihnen auch Terre Thaemlitz, Alvin Lucier, Jamie Lidell und Ryuichi Sakamoto) mussten für ihre Arbeit auf Ausgangsmaterial zurückgreifen, das ihnen von Borries zusammen mit einer langen Liste von Regeln vorgegeben hatte: drei sehr unterschiedliche Aufnahmen der »Prélude« und eine mit dem Text des ursprünglichen Werkes des symbolistischen Dichters und Gautier-Schülers Stéphane Mallarmé, gelesen von der Schauspielerin ??lodie Bouchez, sollten eingearbeitet und über weite Strecken hörbar bleiben. Die Ergebnisse dieses auch auf die potentielle Publikumsverträglichkeit der neu dargebotenen Klassik ausgerichteten DOGMA-Projekts sind, gemäß den Beiträgen, ebenso anspruchsvoll wie hörenswert. Allen Beiträgen ist der Respekt vor dem eigentlichen Stück, aber auch die akustische Poetik einer Ebenenverlagerung im Rahmen eines für die Musik adaptierten Camp-Gedankens anzumerken. Dieses Werk ist ein bemerkenswerter Beleg für die Möglichkeit der alternativen Beschäftigung mit einem als Hypotext fungierenden, klassischen Material und zugleich ein vielversprechender Auftakt zu einer vom Initiator angedachten Reihe ähnlicher Projekte. Obwohl der Erfolg und die Durchführung derselben ja durchaus wünschenswert wäre, bleibt es vorerst aber doch fraglich, ob eine breite Hörerschaft mit den Neuinterpretationen den annähernd gleichen Genuss haben wird wie ein mit dem ursprünglichen Material vertrautes Publikum. Ein Umweg zum Klassiker Debussy lohnt sich.
Various Artists
Replay Debussy
Auraton
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