Wenn am Cover nicht nur das Logo der Stadt Wien abgebildet ist, sondern diese Info gleich ein zweites Mal hingeschrieben werden musste, dann sieht es zunächst eher traurig mit dem Coolnessfaktor einer CD aus. Wenn das Booklet dann noch mit einem Vorwort der Frauenstadträtin beginnt, denkt man bei so einer CD eher an die Ramschkisten beim Flohmarkt in der SP-Parteizentrale. Aber das wäre ausnahmsweise eine fahrlässige Fehleinschätzung, halten wir doch eine wirklich hörenswerte Kompilation von Liedern aus dem vielfältigen Kanon der Frauen(rechts)bewegung in Händen – ob ArbeiterInnenlieder, »Hurenlieder«, Frauenwahlrechtssongs oder PartisanInnenlieder. Und zwar dargeboten von Künstlerinnen aus allen Ecken und Enden der heimischen Musikszene. Eva Jantschitsch ist dabei mit einer großartig punkigen Version von »Liberation now« (noch vor ihrer ersten CD als Gustav entstanden), Christina Zurbrügg ist dabei, mit einer wunderschönen Bearbeitung eines burgenlandkroatischen FabrikarbeiterInnenliedes, Vera Kropf ist dabei, Wordrapperin Mieze Medusa, Mika Vember und viele mehr. Manchmal hält sich die Interpretation nahe am original-rustikalen Politlied-Flair, manchmal werden die Songs in ganz andere Ecken gebogen. Sehr gelungen etwa die ?berarbeitung des Kampfliedes »Die Siegerin« durch das Trio Petra und der Wolf oder Cherry Sunkists Elektroversion von »Ihr Schwestern in der Arbeit Heere«. Erfreudlich: »re: composed« weckt nur ganz selten den Eindruck, dass hier bloß verfügbare (oder parteifreundliche) Künstlerinnen gefeatured wurden. Natürlich muss man mit dem Arbeiterlied bzw. politischen Lied (in seiner feministischen Fassung) etwas anfangen können,natürlich darf man sich, wenn man die SPÜ hasst, über diese Bevorzugung einer Gesangs- bzw. Musiktradition ärgern, die eng mit der Geschichte des Sozialismus verwoben ist (aber nona, man stelle sich eine entsprechende, von der FPÜ geförderte CD mit Heimatliedern vor). Andererseits ist das politische Lied ohnehin ein viel zu wenig gepflegtes Kulturgut, dessen inhaltlichen Qualitäten allzu oft übersehen werden (ich sage jetzt nicht Wolf Biermann, nein, Scheiße, sag ich nicht). Diesem Manko wird nicht zuletzt durch das ausführliche (und vorbildliche) Booklet Rechnung getragen. Darum: Wer sich hier inhaltlich irgendwie wohl fühlt, übermalt das Logo am Cover und checkt sich dieses Teil. Und das geht leicht, man kann die Doppel-CD gratis bei der MA57 bestellen. Aberhallo!
Various Artists
»re: composed - ArbeiterInnenlieder & Songs zu Frauenrechten und -kämpfen«
Austro Mechana
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