Mahlers Geburtstag jährt sich heuer zum 150. Mal. Die Deutsche Grammophon hatte deshalb vor einiger Zeit in ihrer Serie »Recomposed« Matthew Herbert an Mahlers Aufnahmen gelassen. Während aber Herberts Interpretation doch recht zahm bleibt, schafft es Philippe Petit, aus Marseille stammender Musiker und Betreiber des Labels BiP_HOp, Mahler einen ordentlichen Aktualisierungsschub mit den Mitteln zeitgenössischer Elektronik zu verpassen. Mahlers erste Symphonie in D-Dur (1899) nennt sich im Untertitel »Titan«. Wie bei Mahler steht für Petit das mythische Bild des Titanen im Vordergrund, der dem Menschen das Werkzeug in die Hand gibt und symbolisch für die industriellen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts steht. In Petits Interpretation wird aus »Titan« eine soundtrackhafte Science Fiction. Er hält es nicht mit deutschem Pathos, sondern bettet das Werk humorvoll in eine Art Hollywoodisierung ein. »Off to Titan« ist thematisch den Soundtracks von »2001« oder »Forbidden Planet« weit verwandter als Klassik als solcher. Eine akustische Reise zu interstellaren Welten, schließlich ist Titan ja der größte Mond des Saturn. Petit, der für Elektronik und Turntables zuständig ist, bekommt Unterstützung vom britischen Komponisten Kumo aka Jono Podmore, der mit Elektronik und geisterhaften Theremintönen Akzentuierungen Richtung Space setzt. Das ist spätromantische Musik im ultramodernen Design, die das Mensch-Maschine-Kontinuum auf ein neues Level hievt. Schwer spannend.
Original skug #84, 2/2010