Zumindest gibt es lustige englische Worte für den Weltuntergang: »Crypto-fascism«, »Broligarchie« oder »Nerd Reich«. Es scheint gerade, als haben sich die sehr reichen Menschen von dem Gedanken an ein Zusammenleben und gesellschaftlichen Ausgleich verabschiedet. Die wollen nur mehr auf die Insel. Rund ums Eiland dann am besten noch eine Mauer und gut ist’s. Diese Super-Prepper verstehen Weltflucht nicht als Metapher, sie wollen tatsächlich diese Welt verlassen. Warum? Na, weil sie untergeht. Auch das ist keine Metapher, der Meeresspiegel steigt unaufhörlich. Wohin also? Donald Trump darf man sich als den Super-Super-Prepper vorstellen. Ein Blick auf die Weltkarte genügt und dann sieht man seinen Plan. Die USA und ihre Golfplätze sollen (teilweise) geschützt werden. Im Land wird sicherlich neben Golfclubs, Luxusressorts und Steueroasen (»Free Cities«) auch noch genügend Platz für riesige Gefängnisse sein, aber ansonsten gilt es, den Kontinent zur Verteidigung vorzubereiten. Grenze zu Mexiko: riesige »beautiful« Mauer; Kanada wird eingemeindet und Grönland ebenso, denn da ist einiges zu holen, nachdem der Eisschild schneller weg sein wird, als prognostiziert. Kann man sagen, ist ein Plan.
Ist es wirklich so arg?
So, bei all dem ruhig mal kneifen. Das hier ist ein Text in dem Magazin skug, das durchaus für seine Weirdo-Themen und kuriosen Geschichten rund um Musik, Kultur und Politik bekannt ist. Nur, das ist keine leicht bekloppte Story aus den Untergrundfransen unserer Subkultur, das ist der zentralste Mainstream. Das ist der aktuelle Präsident der USA, das sind die Spitzen der Technologie- und Wirtschaftselite, die so denken, das ist … nun ja … die Realität. Die Leute, die dieses Zeug aushecken, sind nicht nur superreich, sie haben sich weltweit die Macht geschnappt. Auch hierzulande, im possierlichen Austria. Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz arbeitet für Peter Thiel, einen jener eskapistischen Milliardäre, und hat trotz jüngst gerichtlich bewiesener Unschuld keine Lust, in die Ösi-Politik zurückzukehren, er will einfach näher an der Insel sein. Und wir zurückgebliebenen? Nun, wir sollten uns dann mal organisieren und sagen: »nicht mit uns!«
Das wird nicht easy. Denn aktuell drängen die Veränderungen in einem Kampf darum, Dinge zu erhalten, die linkes Bewusstsein ja nie sonderlich sexy fand (und das aus gutem Grund). Währung ist ein gutes Beispiel. Die Herrschaften machen alle auf Krypto, was nichts anderes bedeutet, als ein technisch kontrollierbares Token (eben kein Geld im klassischen Sinn) zu haben, das die Mächtigen unmittelbar selbst kontrollieren können und von dem sie hoffen, dass es auch nach dem Zusammenbruch von Notenbanken und Nationalstaaten noch als von Wert anerkannt wird. Fingers crossed! Nur, wie verhält man sich dem gegenüber als linke Opposition? Ganz schön knifflig. Sollen wir hoffen, dass Institutionen des großen Geldes überleben, die dazu beigetragen haben, die Arbeitenden im globalen Norden seit 40 Jahren relativ zu verarmen und sie im globalen Süden komplett auszurauben, oder soll man versuchen, den großen Knall zu befördern, bei dem kein Stein auf dem anderen bleibt? Mit der Gefahr, dass dann Elon und seine KI-Roboterarmee übernimmt?
Reden wir über morgen
Wer glaubt, das klingt alles nach Science-Fiction und Fantasy-Roman, hat natürlich vollkommen Recht, die Crypto-Brüder leben in Comicwelten. Nur leider sind sie drauf und dran, diese dem Rest der Welt aufzuzwingen. Wer also nicht demnächst mit einer Dose Katzenfutter in einem Käfig sitzen will, um sich den ganzen Tag KI-Slop anzuschauen, sollte mithelfen, zu rebellieren und jene Institutionen zu schützen, die uns jetzt unterstützen. Klar, Demokratie und unabhängige Gerichte sind wichtig, aber eben auch die freie, plurale, diverse und multiperspektivische Berichterstattung. Das wären dann zum Beispiel auch unabhängige Musikmagazine. Gerade im Zeitalter des digitalen Sharecropping, bei dem die Produzent*innen geistiger Arbeit (Texte, Bilder, Musik etc.) im Grunde keinerlei Geld mehr erhalten, aber die Besitzer*innen der Verbreitungsinfrastruktur (Soziale Medien, Streamingdienste, E-Commerce etc.) immer reicher werden. Die Instrumente zur Manipulation sind gigantisch und die Diktatoren und Halbdiktatoren vom Schlage Trump, Putin, Orbán, Erdogan wissen das gaaanz genau. Aber Kunst ist nicht nur Ware, sie kann auch befreien. Lasst uns darüber reden, wie sie das auch in Zukunft noch tun kann.
Am Samstag, dem 31. Mai 2025 ab 18:00 Uhr gibt es dazu beim EM Guide Fest: Solidarize! im Wiener Flucc eine Panel-Diskussion mit Vertreter*innen verschiedener Magazine und Festivals unter dem Titel »Music journalism in context of repressive governments« mit Moderation von Lucia Udvardyova (Easterndaze, SHAPE+) und folgenden Teilnehmer*innen: Slavo Krekovic (3/4, NEXT Festival, SK), Gabriella Gal (Fresh Fabrik, Trafó House, HU), Ben Wheeler (Mutant Radio, GE), Frank Jödicke (skug, AT). Diskutiert wird in Englisch. Zuvor, um 17:00 Uhr, stellen Peter Bokor (MMN Mag, HU) und Shilla Strelka (Struma+Iodine, AT) das Vernetzungsmagazin »EM Guide / Creative Europe« vor und Magdaléna Kobzová (3/4, SK) & Ján Solčáni (3/4, SK) präsentieren dessen erste Printausgabe »EM Guide #1«.
Zum Diskurs gibt es ein üppiges Line-up: Elektro und Impro von Daniel Kordik, groovige Synthis von Poly Chain, den Klangbaukasten packt Pedro Ramirez aus, taktile Elektrosounds steuert Kin Teal bei, elektronische Live-Klanglandschaften liefert Gischt, mutant DJ-Sounds aus Istanbul kommen von Ece Özel, hymnische Electrobeats hat Martyyna im Gepäck und – last but not least – legen die arrivierten Wiener DJs Soulglo und S.Verin back-to-back auf. Die Teilnehmer*innen bringen ihre Erfahrungen beispielsweise aus der Ukraine, der Türkei oder Ungarn mit. Es wäre wünschenswert, dies wäre vornehmlich ein bereichernder Mix aus diversen Erfahrungshorizonten, aber im Jahr 2025 fühlt sich dies leider zugleich wie eine Landkarte aktueller Konfliktherde an. Umso wichtiger, sich jetzt zu organisieren. Vorbeikommen lohnt sich in jedem Fall!
Link: https://kupfticket.com/en/events/em-guide-fest-solidarize












