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Gebrüder Marx

»Kramuri«

Reich und Schön

Die Legende besagt, dass Die Gebrüder Marx am 1. Mai 1903 an der alten Donau, in Höhe des heutigen Arbeiterstrandbades, in einem Weidenkörbchen an Land gespült wurden. Dort sollen sie vom Heurigenwirt Frantisek Furch gefunden und später als Heurigenmusiker eingesetzt worden sein. Physisch haben sich die Gebrüder jedenfalls extrem gut gehalten, stehen doch im Rabenhoftheater bei der Präsentation von Kramuri vier Männer im Alter von vierzig bis fünfzig Jahren oder sogar jünger auf der Bühne. Bertold, Leopold, Ignaz und Anton Marx spielten sich bei völligem Verzicht auf so etwas wie eine Bühnenshow in genau derselben Reihenfolge durch die fünfzehn Stücke ihres Debüts, als Zugabe gab’s noch einmal »Hätt Ma, Kennt Ma (Mochma Oba Net)«, jenen Song, mit dem sie vor drei Jahren den Protestsongcontest gewonnen haben. Die Visuals zeigten interessantes, historisches Filmmaterial, das die Inhalte illustrierte. Eröffnet wurde mit dem herzerwärmenden Stück »Kramuri«, dass schon die Richtung vorgab: wortspielerischer Text in künstlicher Aussprache zu melancholischer, minimalistischer Musik vorgetragen. Und genau so klingt natürlich auch das Album, oft dem Rezitativ näher als dem Belcanto werden etwa Selbstmitleid, das schlechte Vorbild, Verwandtschaftsverhältnisse, der Piefkegschropp oder eine fatale Ähnlichkeit zu Dirk Stermann besungen. Dabei wird Tragik-komisches und Unabwendbares mit bösem Witz, hinter dem sich angebrachte Kritik verbirgt, in simulierter Heurigenatmosphäre, Tangosound oder auch fake-russischem Lamento, zum Besten gegeben. Total absurd wird es im »Picknickdeckenlied«, und »Unstern« verpasst dem Klassiker »Wenn der Herrgott net will« einen neuen, abgründigen, eher säkularen Text (»die Bibel mit Schasen vertont«). Bei Gebrüder Marx wird auch Todtrauriges in einer Form präsentiert, die das Publikum zum Lachen bringt (was nicht heißt, dass nur Trauriges verhandelt wird), und dem ist eine gewisse kathartische Wirkung nicht abzusprechen.

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