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Ash My Love

»Honeymoon Blues«

Noise Appeal

Angesichts der stilistischen und strukturellen Beschaffenheit von Ash My Love waren die Vergleiche mit den White Stripes schon von Beginn an absehbar. Und tatsächlich wird in den meisten Besprechungen von »Honeymoon Blues« auf das Rumpel-Rock-Duo aus Detroit Bezug genommen. Auch in dieser hier. Und das schon im ersten Satz! Der streng reduzierte Anarcho-Blues und das personelle Line-Up (gemischtgeschlechtliches Duo) sind die offensichtlichsten Analogien. Doch auch im Detail gibt es Ûberschneidungen. Das Debütalbum von Ash My Love wird nämlich vom soge- nannten »Death Letter Blues« eröffnet, der sich frei beim gleichnamigen Song der Blues-Legende Son House bedient, welcher wiederum von den White Stripes gecovert wurde. Wer ob dieser Zitate und Verweise nun allerdings den Verdacht der Ideenarmut hegt, dem sei in Erinnerung gerufen, dass gerade in einem auf Tradierung fußenden Genre wie dem Blues die Weiter- und Wiedergabe von »set pieces« ganz allgemein immer stattfindet, und Ash My Love – bei aller Liebe zu dieser Musik – damit auch Sandkastenspiele betreiben. Und – welche Ironie – gerade eine Platte wie »Lazaretto«, das im vergangenen Sommer erschienene zweite Soloalbum von Jack White, beweist, dass solche Spielchen auch mächtig schief gehen können. Im Zweifelsfall funktioniert Blue Eyed Blues dann am besten, wenn die Weichen eben nicht auf Machismo oder Schwanzverlängerung (siehe Jack White) sondern stattdessen auf Reduktion gestellt sind. Und das sind sie bei Ash My Love allemal. Was nicht existenziell notwendig ist, hat im Kosmos dieser Band keinen Platz. Ein eigener Schlagzeuger etwa. Andreas Dauböck, Sänger und Gitarrist, sorgt, indem er sitzend eine Bass-Drum bedient, bei Ash My Love nicht nur für »and Blues« sondern auch für »Rhythm«. Kongenial werkelt daneben Ursula Winterauer am Bass, die außerdem durch ihren krassen Gesang so manchen Song des Albums veredelt. Wie man sich denken kann, ist »Honeymoon Blues« eine zutiefst räudige Angelegenheit. Mikros übersteuern, der Bass surrt und alles zusammen scheppert herrlich grindig. Nach tollen zwanzig Minuten ist alles auch schon wieder vorbei. »Der Blues des weißen Mannes zählt nach wie vor zu einem der musikalischen Großverbrechen, das so glaubwürdig wirkt wie ein regentanzender Wall-Street-Broker in Navajo-Kriegsbemalung«, schrieb skug-Kollege Paul Poet vor einigen Jahren in einer Rezension der Black Keys und ließ dem eine Tirade gegen Haushaltsversicherungs-Rocker wie Eric Clapton folgen. Poet weiter: »Und doch: Es gab Jon Spencer, Edwyn Collins, sogar die frühen White Stripes und vor allem die Black Keys aus Akron, Ohio, die einen nicht sofort Hirnmasse verspritzen lassen wollen.« Und jetzt gibt es eben auch Ash My Love.

 

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Text
Gabriel Mayr

Veröffentlichung
14.01.2015

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