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Holly Herndon

»Proto«

4AD/Beggars Group/Indigo

Seit einer Dekade verwendet Holly Herndon ihren Laptop als Live-Instrument und tüftelt an der Perfektionierung der Programme. Und nun hat Holly ein Kind! Das Berghain-Baby hört auf den Namen Spawn und wurde mit Hilfe des Projekts #bebeethoven, das sich den progressiven Transfers kontemporärer Musik widmet, auf die Welt gebracht. Herndon und ihr Partner Mat Dryhurst leben seit geraumer Zeit in Berlin und gehören zu den zwölf ausgewählten Künstler*innen der deutschen Kunstförderung. »Godmother« war das erste Musikstück mit Beteiligung der künstlichen Intelligenz Spawn. Mit »Proto« erscheint nun das dazugehörige Album. Ihren Auftritt im Schloss Neugebäude, im Rahmen der Wiener Festwochen 2017, nahm Herndon als Blueprint für »Proto«, ihr drittes Album, das sie heuer mit Dryhurst und vier Sänger*innen am Donaufestival Krems zur Uraufführung brachte. Abermals verzauberte sie das Publikum, diesmal an die sechshundert Zuseher*innen, mit einer Art (Punk-)Oratorium, bestehend aus sakralen Kirchen-Hymnen, upgedatetem Folkgesang, Human- und AI-generierten Vocals, Techno-Beats und Soundscapes, alles verflochten zu einer imposanten Electronica, die längst schon ein zeitgemäßes DIY ausmacht. Auch auf Tonträger funktioniert das alles nun vortrefflich. »Proto« ist in sich stimmig und wann hört man heute noch ein Album komplett durch und hat daraufhin immer noch nicht genug davon? Übrigens, Artificial Intelligence macht laut Herndon nur etwa zwanzig Prozent der Vocals aus – gibt aber zweifelsohne einen bestechenden Aufmacher ab. Generell geht es Herndon nicht um die Perfektion der Maschine, sondern um den Do-it-yourself-Aspekt. Folgerichtig bezieht man sich, nicht nur in den ersten beiden Strophen des großartigen »Frontier«, auf das vielfach in Vergessenheit geratene »Shape Note Singing«, nun auch »Sacred Harp Singing« genannt. Kürzlich erhielt Herndon ihren Doktortitel in Komposition von der renommierten Stanford Universität. »Proto« ist unbestreitbar ihr Meisterstück.

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