Guerra als Gurren, nicht Krieg. Der Widerhall gesellschaftlicher
Genussverwirrung, mediterran verwaschenem Driftens, rassenloser wie
rücksichtsloser Rassenbastardisierung durch quervögelnde Sounds. Peppe Barra
beherrscht alle Rollen, den Schauspieler, den Crooner, den Marktschreier, den
Bajazzo, um diesen Krieg im zivilisierten Frieden einem Kesseltreiben gleich zu
entfesseln, auf das sich nachher alle in den Arm fallen, der Osmane und der
Arier, der russische Jude und der glückstrunkene Neapolitaner. Ein Dutzend
schwelgender Songs aus Glanz, Hedonismus, Hingabe, gemeißelt aus den wirrsten südländischen Influenzen, die Peppe nur locker in die Traditionsgewänder seiner italienischen Heimatstadt bündelt. Manu Chao leckt bereits den Staub von seinen Stiefeln. Roberto Benigni ist entflammt und hat mit seiner Besetzung als Jimmy die Grille den besten Griff seiner eher mäßigen »Pinocchio«-Verfilmung getan.
Doch »Guerra« ist ein glücklich in sich zerfetzter Diamant, der hemmungslos die
Grenzen musikalischer Herkünfte (Tango meets Balkan meets Adria-Balladerei)
europider Identitäten, der Klangkonventionen (kaum ein Ethnoscheiberl hat
Elektronik so gut wie subtil eingearbeitet) niederreißt. Und dazu er, King
Peppe, der Padron theatralischen Gurgelns, kehligen Balzens, des bezirzenden
Kehldramoletts. Mit Artmann gesprochen, hätte Fellini vor Glück »mit den
Futlapperln poscht«, hätt ihn vor dem Tod noch eine Geschlechtsumwandlung
ereilt. Italians do it better. Tatsächlich.
Peppe Barra
»Guerra«
Temposhere/Soul Seduction
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