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Ein Geheimnis (Un secret)

Mit den Folgen des Holocaust für eine französisch-jüdische Familie befasst sich Claude Millers Literaturverfilmung »Ein Geheimnis«.

Die Kamera ist auf einen halbblinden Spiegel gerichtet. Schemenhaft sind Umrisse einer Gestalt zu erkennen, die sich nähert. Langsam scheint sie sich aus dem halbdunklen Raum zu lösen, nimmt klare Forman an, wird erkennbar. Es ist ein schmaler, blasser Bub, der sein eigenes Konterfei einer intensiven Betrachtung unterzieht als wolle er sich seiner selbst vergewissern. Dann verlässt er den Raum, die Umkleide eines Schwimmbads, und tritt in die Helle eines Sommertags. Francois Grimbert heißt der Bub, er mag weder Schwimmen, noch sonstige sportliche Betätigungen – im Gegensatz zu seinen athletischen Eltern. Francois merkt, dass er für seinen Vater (Patrick Bruel) in dieser Hinsicht eine Enttäuschung ist. Er stellt sich vor, einen großen Bruder zu haben, der all die Eigenschaften besitzt, die ihm abgehen. Bald wird er von der Nachbarin und Freundin der Familie Louise (Julie Depardieu) erfahren, dass tatsächlich einen großen Bruder hatte. Nach und nach erhellt sich die Vergangenheit und Tragik seiner Familie.

Konventionell verfilmt

»Ein Geheimnis« erzählt eine Geschichte von Opfern des Holocaust, den Überlebenden und den Toten einer kleinbürgerlichen Familie in Paris. Die Gräuel der Nazi-Zeit werden nicht explizit dargestellt, es ist der Alltag großteils assimilierter Juden und wie dieser sich verändert, der gezeigt wird. Es geht auch um das Schweigen der Überlebenden und letztlich um die Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, zwischen den Zeitebenen (40er-Jahre, die Fünfziger und die Jahrzehnte am Ende des 20.Jahrhunderts) wird gesprungen. Wir sehen Francois mit sieben, im Alter von 14, als Erwachsener wird er von Mathieu Amalric dargestellt, die traumatischen Ereignisse spielen sich vor seiner Geburt ab. Regisseur Claude Miller (»Das Verhör«, »Die kleine Diebin«) hat die Gegenwartsszenen in Schwarzweiß getaucht, die Vergangenheit bleibt farbig. Durch diesen Kunstgriff erhält der Film jedoch keinen zusätzlichen grip. Allzu konventionell ist die an sich dramatische und ergreifende Story umgesetzt.

»Ein Geheimnis« (R: Claude Miller; Frankreich 2007. Mit Julie Depardieu, Mathieu Amalric, Ludivine Sagnier, Cécile De France, Patrick Bruel u. a.)
ab 10.4. in österreichischen Kinos

>> www.polyfilm.at

Literaturhinweis: Philippe Grimbert „Ein Geheimnis“ ist erschienen im Suhrkamp Verlag

Home / Kultur / Film

Text
Jenny Legenstein

Veröffentlichung
09.04.2009

Schlagwörter

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