Kate Tempest, ein Highlight beim <a title="www.elevate.at" target="_blank" href="http://www.elevate.at">Elevate</a> Festival
Kate Tempest, ein Highlight beim Elevate Festival

Don’t believe the Hype!

Das Elevate-Festival feiert heuer sein zehnjähriges Bestehen und nützt diesen Anlass für eine kritische Selbstreflexion. Doch wie kann bzw. darf man als Autor eines Musikmagazins eine Veranstaltung ankündigen, der man seit Jahren persönlich verbunden ist? Der Versuch einer Annäherung.

Seit 2005 verknüpft das Elevate-Festival Clubculture mit einer Kultur des politischen Aktivismus. Damals teilte sich die DMX Crew die Bühne mit Philip R. Zimmerman, dem Erfinder von Pretty Good Privacy, und Mike Paradinas von Planet mu gab Jimmy Wales, dem Gründer von Wikipedia die Klinke in die Hand. Rundherum war das Organisationsteam seit jeher bemüht, auch die lokale Szene gehörig in das Festival zu verstricken – also die MusikerInnen und AktivistInnen nicht einfach bloß zu »buchen«, sondern ihnen Gestaltungsräume zu öffnen und Verantwortung zu übertragen. So kamen viele gar nicht umhin, sich vom Festival einsaugen zu lassen und je nach dem, was gerade gebraucht wurde, sich als Chauffeur, Diskutant, Gastbetreuer, Moderator, Musiker, Radiomacher oder Texter zu betätigen (wie es etwa mir selbst seit einigen Jahre ergeht).

Das alles klingt natürlich sehr idealistisch oder gar nach Kitsch; und natürlich gab es auch immer wieder Kritik. Es stimmt natürlich, dass man einigen durchaus kritikwürdigen Aspekten des Festivalbetriebes auch beim Elevate begegnet; anderen aber nicht – und das ist weder Zufall noch selbstverständlich! Und so begibt man sich heuer nach zehn Jahren Festivalbetrieb gemeinsam mit dem Publikum in eine Art Klausur.

Denn in Zeiten, in denen die Ravemassen flugzeugweise ans Mittelmeer gekarrt werden, Gratis-Kultur mit Commons verwechselt wird und zugleich Konzertkarten eines x-beliebigen Pop/Rock/EDM-Acts das dreifache eines viertägigen Festivalpasses in Graz kosten, während andernorts lokalen Artists lapidar erklärt wird, sie können schon froh sein, wenn sie gratis auftreten dürfen; wenn dann rundherum die Existenzen krachen, während politisches Engagement mit dem persönlichen Karrieresprungbrett verwechselt wird oder der Verkauf von Plattenreviews zum Geschäftsmodell von Onlinemedien wird und Festivals regelmäßig ökologische Schlachtfelder hinterlassen usw.

In solchen Zeiten freue ich mich schon jetzt wie ein kleines Kind darauf, vier Tage lang zwischen den Diskussionen, Filmen und Workshops im Forum Stadtpark tagsüber, dem Sound-Lesungen im Rahmen von Hörgerede abends, und den drei Musikfloors im Schlossberg nächtens zu pendeln.

Um dort dem Hyperdub-Label zu begegnen, das sein zehnjähriges Bestehen mit einem Labelshowcase feiert, die Spoken-Word-Performances von Kate Tempest kennenzulernen, mich von Tin Man’s kompromisslos trockenen Technoentwürfen einsaugen zu lassen, Emptyset neben Mika Vainio zu genießen, so wie Bristols Shooting Star Tessela musikalisch verstrickt mit den Jungle-Urgesteinen von Source Direct, dem ebenfalls zehn Jahre alten, mir aber gerade einmal seit zehn Minuten bekannten Rock Is Hell-Label gewahr zu werden, das die US-AmerikanerInnen Lichens und Shit & Shine, die local Heros von Fuckhead und eigene Acts wie Broken.Heart.Collector und [[[Altar:Thron]]] auf eine Bühne karrt. Und dann noch über die Beiträge des Post-9/11-Spezialisten Nafeez Mossadeq Ahmed, der brasilianischen Menschenrechtsexpertin Joana Varon und der Almende-Aktivistin Silke Helfrich mit wildfremden BesucherInnen zu diskutieren usw.


Elevate Festival 2014
23.-26. 10. Graz
www.elevate.at

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Text
Chris Hessle

Veröffentlichung
03.10.2014

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