Einen der Höhepunkte der Schau liefert der Jüngste der hier vertretenen Künstler: Chi Pengs Fotoserie »Sprinting Forward« zeigt junge nackte Menschen, die vor roten Flugzeugen davonlaufen – Gedanken an 9/11 werden sofort assoziiert. Eines dieser Bilder ist auch das Umschlagbild zum umfangreichen, informativen und sorgsam gestalteten Ausstellungskatalog. Im einleitenden Essay zum Katalog von Kurator Feng Boyi erfährt man Wissenswertes über die Undergroundkultur bzw. die Avantgardekünstler im China der 1990er Jahre: Die staatlichen Galerien waren für sie nicht zugänglich, also gab es Ausstellungen in Kellern von Bürogebäuden, in Ateliers, in Wohnungen oder Bars oder auch an ungewöhnlichen Orten wie in Parks.
Video im Wok
Eine schöne Arbeit liefert der Videokünstler Song Dong mit »Stir Fry Beijing«: Er filmt drei Woks, in denen Gerichte gekocht werden. Auf die sich beschlagenden Deckel der Töpfe projiziert er Filme, die Einblicke in das moderne China geben. In ein China, das längst zur Wirtschaftsweltmacht geworden ist. Der oft beschriebene Wandel des Landes ist bereits eingetreten: Die Videos zeigen modernes Stadtleben und Straßenkreuzungen, die US-amerikanische Dimensionen haben. Künstler wie Wang Guanygyi und Wang Dajun setzen sich in ihren hier gezeigten Arbeiten mit der Ästhetik chinesischer Propaganda einerseits und mit jener der Werbung andererseits auseinander. Die Sammlung Essl zeigt auch die aktionistischen Schwarz-Weiss-Fotografien von Rong Rong.
Überwältigend & schockierend
Heute boomt nicht nur Chinas Wirtschaft, auch chinesische Kunst boomt im Westen. Einige Künstler bezogen zum Beispiel Zweitwohnsitze in den USA oder in Deutschland und pendelten fortan zwischen diesen Welten. Kurator Feng Boyi schreibt in seinem Essay über die chinesischen Avantgardekünstler: »Sex, Tod, Politik, Gewalt, Leichen, Macht und die sich drastisch ändernden Zeiten sowie die damit einhergehende Verwirrung – alles wurde in überwältigender oder schockierender Form aufbereitet und präsentiert.« Einen Teil davon, nämlich rund 100 Werke von 42 KünstlerInnen, kann man in der Sammlung Essl betrachten.
China Now, noch bis 28. Jänner 2007
Sammlung Essl, An der Donau-Au 1, 3400 Klosterneuburg
Katalog: China Now. 328 Seiten. 35 Euro