Medienminister Gernot Blümel – der Teufelsschwanz ist eine Erfindung des Zeichners, von der sich die skug-Redaktion nicht distanziert © Pe Tee
Medienminister Gernot Blümel – der Teufelsschwanz ist eine Erfindung des Zeichners, von der sich die skug-Redaktion nicht distanziert © Pe Tee

Bündnis alternativer Medien

Endlich tut sich etwas beim Zusammenschluss alternativer Medien in Österreich. skug macht gerne mit, schaut allerdings ein wenig missmutig auf die aktuelle Lage.

Nein, früher war nicht alles besser. Vor dreißig Jahren besaßen einige wenige Menschen Druckerpressen und konnten darauf – mehr oder weniger – drucken, was sie wollten. Die »Freiheit der Presse« war und ist ein »hohes Gut«, bedeutete aber in der Praxis meist, dass die Herausgeber*innen ihre eigene Meinung in der Zeitung verbreiten durften. Die Überzeugung der damaligen Presse war, »die anderen brauchen uns mehr als wir sie«. Damit hatten sie nicht ganz unrecht. Deswegen konnte von Leser*innen Geld verlangt werden für die Aushändigung der Druckerzeugnisse und von den Konzernen üppig Geld für Anzeigen erbeutet werden, schließlich hatten die Unternehmen kaum eine Chance, auf anderem Weg die Öffentlichkeit zu erreichen. Das Ergebnis kann in der deutschen und österreichischen Milliardär*innenliste begutachtet werden. Mohn, Springer, Burda oder Dichand, diese Clans wurden reich wie Ali Baba und ihr gesellschaftlicher Einfluss war und ist aberwitzig hoch. Die meisten von ihnen haben selbst nie einen Text geschrieben, ein Foto geschossen oder ein Strickmuster erdacht – das haben andere für sie getan. Die Besitzer*innen wurden mit dem Verkauf der Zeitungen reich, jene, die sie machten, wurden bestenfalls gut entlohnt. Diese Ära der »vierten Gewalt« wurde durch die digitalen Medien beendet und ihr ist keine Träne nachzuweinen.

Heute twittert die Polente
Etwas musste allerdings diesen Herausgeber-Clans zu Gute gehalten werden. Sie hatten zumindest eine Ahnung davon, dass komplett verblödet nicht geht. Komplett Balla-Balla heißt, jede/r blökt los und bietet, ohne einen Funken Reflexion, ihre oder seine »Sicht der Dinge«. Zeitungsherausgeber*innen verstanden dieses Problem und selbst schlechte Zeitungen boten zumindest ein Quäntchen jener Außensicht, die so bitter nötig ist. Heute hat die Wiener Polizei ihren eigenen Twitter-Account. Man stelle sich dies einmal kurz vor: Vor dreißig Jahren hätte die Polizei bekanntgegeben, sie würde nun ihre eigene Zeitung herausgeben und dort endlich einmal ihre Sicht der Dinge mitteilen. Die würde doch schließlich in den Zeitungen immer verdreht werden. Spitzenidee! Ebenso hielten es bald alle anderen Behörden, Vereine, Verbände und natürlich die großen Konzerne und alle Wirtschaftstreibenden bis hinab zum kleinen Greißler (den es früher ja noch gab). Vermutlich wären sich damals alle sicher gewesen, dass diese Art des Publizierens keine gute Idee ist. Die Folge ist ein ständiges Geschrei des »Jetzt rede ich!« Genau da sind wir heute angekommen. Die unglückliche Entwicklung des Online-Publizierens führte zu Selbstanpreisung in der Endlosschleife und boulevardisierte die kritischen Reste der Medienöffentlichkeit.

Die Diskussion der Gefahren der »Fake News«, die hiermit gerne verknüpft wird, wird meist etwas zu oberflächlich geführt. Denn beispielsweise ist eine jede Unternehmensdarstellung weitgehend »fake«. Alle bei Mercedes-Benz wissen, dass die BMWs keine absolut schlechteren Autos sind, aber würden sie dies je zugegeben? Ein werbliches Gebuhle um Aufmerksamkeit vernebelt notwendigerweise jedes wahre Wort. Da den Zeitungen nun einerseits die zahlenden Kund*innen in der Gratiskultur des Internets und dem Realworld-Pendant des Herschenkens von U-Bahn-Zeitungen verlorengegangen sind und die Unternehmen lieber direkt auf die Verbraucher*innen losgehen, blieb den Zeitungen nur die erbarmungslose Anbiederung. Deswegen sind die meisten Druckerzeugnisse so schwer lesbar geworden. Beauty-, Freizeit- und Wohlfühltipps, die immer irgendein geheimes Sponsoring beinhalten. Kritische Musikkultur (und davon versteht skug ein bisschen was) gibt es nahezu überhaupt nicht mehr, weil die, die es sich leisten können, ihre Werbetexte gleich selbst verfassen, und die anderen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle bleiben. Keines der »großen« Medienunternehmen in Österreich kann dem etwas entgegensetzen. Am Ende bleibt nur der Gabalier-hat-sich-das-Gesäß-gekratzt-Exklusiv-Report.

Stellen wir einen BAM auf
Aber Austria wäre nicht Österreich, wenn die Situation nicht noch um eine Eskalationsstufe beknackter wäre. Die Revolverblätter in Deutschland, Großbritannien oder in den USA unterscheiden sich in Niveau und Methoden kaum von den österreichischen, sie sind aber in einem Punkt anders: Sie verdienen mit ihrem Krawall und ihrer werblichen Anbiederung Geld. In Austria aber ist das Publizieren traditionell Subventionsbetrieb. In einer der weltweit lächerlichsten und bestürzendsten Fehlentwicklungen bezahlt die Republik Österreich mittels Verbreitungs- und Medienförderungen den Stuss, der anderswo marktfinanziert wird. Das Geld, das dort verbrannt wird, in der peinlichen und beschämenden Hoffnung, sich die Gunst der Käseblätter zu erkaufen, fehlt dann anderswo. So geht zumindest die ökonomische Schutzbehauptung, die natürlich nicht zugeben will, dass ein Austeritätsdiktat eine politische Entscheidung ist. Die Folge: Gerade unter Türkis-Blau werden die Förderungen jener Medien zusammengestrichen, die sich noch um eine differenzierte, aufgeschlossene, plurale Öffentlichkeit bemüht haben und nicht nur irgendwas mit netten Texten verhökern wollen.

Übrigens hat es Gott die Herr*in so gewollt, dass die in Österreich finanziell darbenden oder sterbenden Zeitungen, Zeitschriften, Online-Magazine etc. alle als »links« gelten, weil auf mirakulöse Weise ihre »rechten« Widerparte stets genügend Kohle haben. (Da wird wohl der Teufel seine Finger im Spiel haben …) Die aktuelle Regierung lebt lustig im eigenen Schwefeldampf und wird dies wohl kaum bedauern. Deswegen tut es jetzt not, dass die verbliebenen linken Stimmen sich zusammenschließen und versuchen, zu retten, was zu retten ist. Die Sache nennt sich BAM (Bündnis alternativer Medien) und skug wird da versuchen, nach Kräften mitzuwirken. Das Gebot der Stunde heißt jetzt nämlich »zusammenhalten«. Sonst wird es in Österreich bald nur mehr (Eigen-)Werbung geben und die restlichen Nachrichten werden auf russischen Trollfarmen verzapft.

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