Unser aller liebstes unersättliches Raubtier wetzt unablässig »Tiraden gegen die ihrer Auffassung nach männlich dominierte Gesellschaft«, so Hubert Selby Jr. in seiner »Einführung« zu Lunchs Buch »Paradoxie« (mirandA-Verlag). Bloß der Männer wegen sei sie »verkorkst«, also rücksichtslos, überheblich, starrsinnig, gefühlskalt und grausam (O-Ton Lunch). Sei’s drum. Die Knallharte befindet sich spätestens seit ihrer Arbeit mit Mitgliedern von Gallon Drunk als Formation Big Sexy Noise wieder im Aufwind. Blow-wind-blow. Nachdem sich die Zusammenarbeit beim zwiespältigen Jeffrey-Lee-Pierce-CD-Projekt »The Journey Is Long« offenbar toll anließ, machen Lunch und der Londoner Acoustic-Bluesgitarrist Cypress Grove (bekannt durch seine Arbeiten mit Nick Cave, Debbie Harry, Mark Lanegan und Steve Wynn) nach ihren Live-Kollaborationen ein ganzes Album lang gemeinsame Sache. Und es funktioniert prächtig. Kaltschnäuzig werden Südstaaten-Blues und spanische Folk-Music gemixt; zerbrochene Beziehungen, verheerende Einsamkeit, bodenlose Gewalt und schier unstillbare Gelüste säumen das Geschehen und geben einen formidablen Spaghetti-Western ab. Neun Stücke sind Co-Arbeiten von Lydia Lunch; gecovert werden dazwischen Songs von Jeffrey Lee Pierce (»St. Marks Place«), Mark Lanegan (»Revolver«) sowie Van Morrison (»T.B. Sheets«). Neben Gallon Drunks James Johnston – er spielt die zweite Gitarre auf »Jericho« – ist u.a. Vokalistin Carla Bozulich vertreten. Freunde von Woven Hand, 16 Horsepower oder Crime & The City Solution werden auch hiermit ihre Freude haben. Die Ruinen von Almeria (ESP) erstrahlen dank diesem Death-Valley-Blues in neuem Glanze; ein spätes Highlight von Lydia Lunch.
Lydia Lunch
»A Fistful Of Desert Blues«
Rustblade
Text
Walter Pontis
Veröffentlichung
21.11.2014
Schlagwörter
100
Aktivraum/Broken Silence
Cypress Grove
Lydia Lunch
Rustblade
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