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The Kronos Quartet and Asha Bhosle

»You've Stolen My Heart«

Nonesuch

Dafür oder dagegen? Das Expertengeplänkel dauert an und in den schmallippigen Neutönerkreisen wird vehement nach Farbbekennung verlangt. Das Arditti Quartet oder das Kronos Quartet? Wobei man sich über die hohe Interpretationsqualität beider Ensembles oft einig ist. Uneinig indes über deren Repertoireverständnis. Gilt das Arditti Quartet als »seriös«, gerade weil sie sich der Neuen Musik so engagiert annimmt, sich auch mal in einen Helikopter fläzt, wenn dies ein weiß gekleideter, megalomaner Tonsetzer von ihnen wünscht, wünscht sich die andere Musikliebhaber-Hälfte das Kronos Quartet gerne ins Pfefferland. Diese Reise haben die vier Amerikaner nun gewissermaßen angetreten. Very spicy – zurück aus dem Land von Curry und Chili, findet sich ein pralles Gepäckstück mit pikanten Bollywood-Filmmusikklängen. »Wie unseriös, wie lasterhaft«, hören wir es im Arditti-Lager raunen …

Dabei hat das Kronos Quartet lediglich eine beeindruckend lebendige Hommage an den wichtigsten Bollywood-Soundtrack-Schöpfer, Rahul Dev »R.D.« Burman, farbenreich eingespielt. Er wiederum darf eine lange Auflistung von Filmmusikkompositionen für sich verzeichnen. In über 300 Filmen drangen seine Melodien tief in die Publikumsherzen ein, wenn auf der Leinwand wieder einmal Liebesgeschichten in zeitlichen Ausdehnungen tanzend und gebärdend abspulten. Die eklektizistische Musikmixtur ist reichlich mit Folk und indischer Klassik versetzt, ein sanfter Jazz wirbelt und swingt, verrockte Zirkusmusik trifft auf undefinierbare Exotik. Die indische Sängerin Asha Bhosle, Burmans Ehefrau und hoch verehrte Vokal-Legende, betört mit ihrer Stimme. Gäste wie der indische Tabla-Spieler Zakir Hussain und die chinesische Pipa-Virtuosin Wu Man kommen hinzu und sorgen für den weiteren orientalischen Touch der Sonderklasse.

Der teilweise angestrengte Bollywood-Hype ist, Mahavishnu sei dank, etwas abgeebbt. Das Kronos Quartet hat mit dem nun über 40. Tonträger eine schöne Würdigung an die indische Filmmusik von damals geschaffen. Die vorliegende Einspielung bedeutet denn wohl die sicherlich abenteuerlichste Klangreise seit dem dreißigjährigen Bestehen des umtriebigen Quartetts. Und eigentlich ist es ja auch egal, ob man mit dem Helikopter abhebt oder anderweitig zu neuen Ufern aufbricht.

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