Orientierung tut not. Seine Musik ist sperrig und oftmals überspannt. Charakteristisch in René Wohlhausers Kompositionen sind vielleicht die permanent wechselnden Gesten, womit ein aufmerksames Zuhören noch zusätzlich erschwert wird. Es sind Anordnungen, die mit überhäuften Informationen auf engstem Raum geradezu operieren; doch gerade hierin erscheint es, vermag die Musik für einen kurzen Moment das Zeitgefühl auszuhebeln. Hinter all dem steckt kein bloßer Selbstzweck, sondern das Bekenntnis des 56-jährigen Baslers, »anspruchsvolle und qualitativ hoch stehende Musik als Protest und Notschrei gegen die allgemeine Indifferenz« auszudrücken, so Wohlhauser in seinen eigenen Wort im Beilagetext zur Komponistenportrait-CD des Grammont-Migros-Labels.
Wohlhauser fordert eine ebenso »radikal individualistische Schreibweise« als »Gegenbegriff zum Epigonalen und Eklektizistischen«. In seinen Werken sind indes New Complexity-Vorbilder deutlich erkennbar, etwa im Streichquartett »carpe diem in beschleunigter Zeit« (1998/99). Für diese Einspielung konnte Wohlhauser das renommierte Arditti Quartett gewinnen. Die vier Volldampf-Interpreten nehmen sich dieser üppigen Dichte entschlossen und werkgetreu an und verleihen dem Stück mit ihrem druckvollen Spiel eine zusätzliche Dynamik. Zuletzt bleibt der Hörer etwas ratlos zurück. Ein blaßblauer Ferneyhough-Schatten – in der »sperrigen Verweigerung« klingt das rund 13-minütige Stück, wie so manch einer glaubt, wie zeitgenössische (komplizierte) Musik eben zu klingen habe.
Wunderbare Abwechslung bietet da die Cello-Kantilene »Gedankenflucht« (1995). Beeindruckend diese Eleganz, Generalpausen und flüchtige Einwürfe wechseln sich ab. Cellist Martin Jaggi beweist sein Geschick als umsichtiger Interpret und weiß die abwechslungsreich angelegte Ükonomie der Klänge überzeugend zu gestalten. Weitere vorzügliche Interpreten sind u. a. das Sabeth Trio Basel, Trio Accanto.