Einen solchen Sound habe ich, ernsthaft, noch nie gehört. Dabei ist die Künstlerin schon Jahre dabei – skug berichtete bereits 2003 über den damaligen, nun ja, »Shootingstar«. Auf ihrem fünften Album singt die französische Multiinstrumentalistin Cécile Schott aka Colleen in betörenden Klangzirkeln von Selbstverlust und macht klassischen jamaikanischen Dub mit barockem Instrumentarium. Hauptsächlich ist es die Viola da Gamba, die Colleen jedoch nicht mit dem Streichbogen spielt, sondern gezupft als Rhythmusinstrument und Textur einsetzt und ihre Musik so in Musiktraditionen von westafrikanischer Folklore und Minimal Music hin zu Freak Folk stellt.
Nahezu hypnotisiert lauscht man dann den Tönen, den Abbiegungen, Schleifen und Verschleifungen. Vergleichbares, so kommt es mir (warum auch immer) vor, findet sich in den letzten Jahren allenfalls in Pantha du Princes Carillon-Experimenten mit dem Bell Laboratory. Nur dass Colleen ihre Tracks immer in Strukturen gestaltet, die offen und durchlässig sind, aber doch alle Merkmale eines klassischen Pop-Songs aufweisen. Teilweise sogar tanzbar, wenn es so beschwingt hüpft wie das beinahe surfy Stück »Soul Alphabet«. Bemerkenswert, vor allem im Vergleich zu früheren Arbeiten, ist die bedeutende Rolle, die der Gesang im Soundmix – produziert hat Colleen selbst – einnimmt. Das gibt den Stücken eine ganz eigene, positive Melancholie mit; vielleicht das Resultat des Frühlings im baskischen San Sebastián, in dem »Captain Of None« entstand. Ein positives, ein melancholisches Album, ein warmes, ein experimentelles, ein roughes, ein besonderes – und auch ein ganz besonders gutes.