Wir leben in einem guten Zeitalter für die Geige im Jazz. Sie ist als emanzipiertes, facettenreiches und vergleichsweise unentdecktes Instrument endlich im nicht-orchestralen Jazz-Kontext angekommen. Mit ProtagonistInnen wie Florian Sighartner hierzulande und Fabiana Striffler in Deutschland ist das Innovationspotenzial des klassischen Vorzeigeinstruments in besten Händen. Besagte Fabiana Striffler hat nun mit »So Sweet And So Solitary« eine zugleich schöne wie progressive CD vorgelegt, der man beim ersten Hinhören gerne den Stempel »Kammerjazz« aufdrücken möchte. Es wird jedoch schnell klar, dass diese Platte darüber hinausgeht. Verschiedenste Einflüsse werden von diesem Trio – dem neben der Violine und Mandoline spielenden Fabiana Striffler noch die Vokalistin Friederike Merz sowie Pianist und Gitarrist Johannes von Ballestrem angehören – auf Strifflers Eigenkompositionen zu einem unverkennbaren gemeinsamen Nenner verschmolzen. 13 recht kurze Stücke (plus ein Bonustrack) sind auf »So Sweet And So Solitary« zu finden, welche sehr kontrastreich aneinandergereiht sind. Es gibt Stücke mit wunderschönen, durchaus kantablen Melodiekaskaden, die von atonalen Intermezzi konterkariert werden.
In einem Track zusammengefasst kann man das zum Beispiel im Titelstück hören. Der zunächst gesprochene Text wird untermalt von unruhigen Soundflächen, die hin und wieder von der aufheulenden Geige oder brutalen Klavieranschlägen durchstochen werden. Langsam findet das dann aber alles zu einem bösen und dunklen 6/8-Groove zusammen, ein bluesiges Geigenriff entsteht über das manische Lachen der Friederike Merz. Darauf folgt dann »Ein Mensch«, das mit seinen optimistisch klingenden Moll-Dur-Akkordwechseln die Wolken aufreißen lässt. Derartige Kontraste durchziehen das gesamte Werk und durchwandeln dabei, ohne zu blinzeln, viele verschiedene Klangfarben. Gegen Ende greift Johannes von Ballestrem dann zur angezerrten E-Gitarre und bringt damit, in Verbindung mit einer stark verzerrten Stimme, sogar noch starke Indie-Rock-Einflüsse in das ebenso betitelte »Outro« der CD, was wiederum ein Gegensatz zum perfekt und sauber gemischten Rest des Albums ist. Es gibt zwar danach noch einen Bonustrack mit nicht minder starken Indie-Vibes, dieser wirkt allerdings nach dem sehr gelungenen, Comfort-Zone brechenden »Outro« eher verloren. Das trübt jedoch keineswegs das Gesamtbild dieser Platte, die trotz ihrer vielen Einflüsse, den wechselnden Instrumenten und Sounds wie aus einem Guss klingt. Eine Reise durch dick und dünn, die hier vielleicht einem Sommerausflug mit Freunden ähnelt und woanders einer kalten und erbarmungslosen Winterreise.