Demokratie darf aktuell nicht mehr als gesicherter Bestandteil unseres Lebens gelten. Zu sehr weht ein antidemokratischer, »disruptiver« Sturm durch die Welt. Die Reichen und Mächtigen testen gerade aus, was alles jenseits von demokratischen Aushandlungsprozessen gehen könnte. Sei es mittels gezielter medialer Manipulation, frecher »Post Truth«-Politik, die uns die Wirklichkeit vor Augen in Abrede zu stellen versucht, oder indem einfach schnell Fakten geschaffen werden, die nicht mehr demokratisch überwacht werden können. Diese verschiedenen Facetten versucht skug in seiner Reihe Demokratie in Gefahr abzubilden. Umso wichtiger ist es deshalb, freie Wahlen zu feiern. Gerade die Bundestagswahl in Deutschland würde zeigen, ob sich Frust und Angsterzählung der Rechten oder der Bürger*innensinn durchsetzen, die Hundertausende in deutschen Städten auf die Straße trieben. skug trommelte deshalb Kolleg*innen und Unterstützer*innen des Bündnisses alternativer Medien, kurz BAM!, im Studio von Radio Orange 94.0 zusammen und hörten von Wähler*innen aus insgesamt sieben deutschen Wahlkreisen, was gerade abgeht in Dschörmenie. Im besten Spirit des Community-Radios riefen wir in München bei dem Philosophen und Gründer des »Telepolis«-Magazins Florian Rötzer an und telefonierten wie schon bei den US-Wahlen in die Wahlpartys der Stadt hinein. Es sitzen ja doch alle nur vor der Glotze an so einem Abend.
Wie lief der Abend so?
Gut, jetzt hat Deutschland also mit Friedrich Merz einen Investmentbanker zum Kanzler, der oft nicht weiß, was er redet (und es kurz darauf revidieren muss), und ihm steht eine am Boden liegende SPD als Koalitionspartner zur Seite, die ihr schlechtestes Ergebnis seit 1890 einfuhr. Kanzler Merz hat ein Leben als Sprücheklopfer leben dürfen, jetzt wird er lernen müssen, dass Entscheidungen Konsequenzen haben. Es bleibt zu hoffen, dass die Sozialdemokraten sich aus dem Staub erheben und Merz das eine oder andere Mal vorzeitig daran erinnern. Warum waren die zurückliegenden dreieinhalb Jahre Rot-Grün-Gelb eigentlich so entsetzlich? Telefonjoker Max gab uns in der Sendung den entscheidenden Hinweis: Das Schönste am Wahlabend würden die ganzen Rücktritte sein und insbesondere der des Liberalen Christian Lindner. Lindner hatte in der Koalition mit seinen ideologischen Gegnern nie auch nur versucht, konstruktiv zu sein. Der eigene Untergang war Hauptaufgabe und so durfte er das Koalitionsende auch als »Befreiung« empfinden. Dank der gerade mal 4 % Zustimmung gibt es für die FDP jetzt keine Sitze mehr im Bundestag und Lindner darf sich neue Aufgaben suchen. Den österreichischen Liberalen diene dies zur Mahnung. Wer von den anderen stets ideologiefreie Kompromissbereitschaft verlangt, muss sie selbst in der Zuckerlkoalition unter Beweis stellen – gell? Sonst haben die Rechtsaußen gewonnen. Sowohl AfD als auch FPÖ setzen nämlich fest darauf, dass die demokratischen Kräfte der Mitte keine Einigungen finden, und dann ist es um die Demokratie vielleicht bald geschehen.
Sprücheklopfer Merz meint, es sei nun Schluss mit der Politik der »linken Spinner«. Damit entpuppt er sich für die AfD als solide Zukunftshoffnung. Mit gerade mal 28 % der Stimmen ist der Machtanspruch der CDU und CSU weitgehend nur im Kopf von Merz und er braucht dringend zuverlässige demokratische Partner. Die werden Beleidigungen wie »linke Spinner« nicht gerne hören, denn selbstverständlich sind Bündnis 90/Die Grünen unter Robert Habeck und die SPD unter Olaf Scholz nie links gewesen. Sie haben versucht, dem heiligen deutschen Mittelstand alles recht zu machen und trotzdem ein bisschen Öko- und Arbeitnehmerrechte-Gedöns durchzusetzen, aber das ging halt weltpolitisch nicht. Durch den Überfall Russlands auf die Ukraine (Es war so herum und nicht anders, Donnie!) war das merkelsche Geschäftsmodell des Industriestandorts Deutschland im Eimer: Angebliche eherne Westanbindung und ökologische Lippenbekenntnisse wurden von Merkel mit billigem Gas vom Russen finanziert. Das hat Deutschland so »stark« gemacht und als das weg war, gab’s nur mehr Zähneklappern und alle waren sauer auf den Olaf, der ja doch nur schweigend seine Aktentasche durchs Bild tragen wollte. Man wird sehen, wie es jetzt weitergeht.
Sendung verpasst? Kein Problem!
Die breite Themenpalette des Salon skug BAM! Wahlspecial – Deutschland-Edition wurde digital festgehalten und ist durchaus nachhörenswert. Nicht nur, weil nochmals die Live-Überraschung über die Ergebnisse mitzuerleben ist, viele der Themen des Abends sind immer noch aktuell. Beispielsweise die Frage nach TikTok und Co: Was machen die Rechten da so gut und warum hat dann, spät aber doch, Die Linke dazugelernt und konnte so erfolgreich sein? Wie überwindet man die angstbesetzte rechte Themenführerschaft? Vielleicht indem man mit den Menschen einmal redet? An der Haustür womöglich? Überhaupt die Frage: Wie fühlt sich Deutschland gerade so an? Wir liefern im Wahlspecial die Stimmungsbilder von Heidelberg über Thüringen bis Berlin. Die eigene Familie, die plötzlich demonstrieren geht, weil sie sich um die Demokratie sorgt, aber auch die Begegnung mit jenen, die abgeschaltet haben und jetzt wollen, dass das Land brennt. Ein kleines Abbild dessen, was gerade in Deutschland abgeht, ist hier nachzuhören: https://o94.at/programm/sendung/id/2442473
Dank an alle, die am 23. Februar mitgemacht und die Lust am unabhängigen und alternativen Medienmachen über den Sender gebracht haben. Wir sehen uns wieder am 27. April 2025, wenn es wieder heißt: Salon skug BAM! Wahlspecial zur Wienwahl. Dann auch wieder auf der Live-Bühne im Flucc. Wir freuen uns auf euch!