Trupa Trupa, das Quartett aus Gdańsk, setzt auf dem neuen Album »B Flat A« zu neuen musikalischen Höhenflügen an. Reißwolfharmonien und ein gewaltiges Postpunk-Riff schillern im verheißungsvollen Auftakt »Moving«. Doch schon bei »Kwietnik« wird die dunkle Seite der Menschheit mit entsprechender Hymnik umgesetzt. Ein Postpunk-Gothic-Juwel, vollgespickt mit Melodien und dazwischen sanft marschierendem, beinah innehaltendem Slow Beat, mit eher flüsterndem Sänger Grzegorz Kwiatkowski. »Kwietnik« hört sich an wie eine Läuterung, im polnischen Beet gedeihen nur noch dunkle Blumen. »Twitch« handelt vom Medikamentenmissbrauch, um einen ungeliebten Job durchstehen zu können, mit entsprechend präziser Math-Rock-Anwandlung, allerding mit einer Stringenz à la Wire. Wirbelwindhaft schraubt sich der Bass hoch und zieht die Gitarren mit. Das darauffolgende »Lines« ist eine Ballade wie von einem in den Sixties verglühten Stern. Darke, nachdenkliche Psychedelia, die wie eine beatleske Progrock-Nummer ertönt. »I want to eat all my uniforms, I want to be all my uniforms« wiederholt Kwiatkowski immer wieder und tatsächlich: »Uniforms« klingt locker aus dem Ärmel geschüttelt, ein Sing-Along-Lied im Sixties-Psychedelia-Pop-Kleid à la Syd Barrett. »Lit« entzündet daraufhin ein Kerzenlicht wider die Schüchternheit, mit im Studio verlangsamtem FadeoOut. »Far Away« besingt das auch dem Autor diese Zeilen plagende geistige Abwesendsein trotz physischer Präsenz. Tröstlich darauf die getragenen Orgelsounds, die auf Flanger-Gitarren stoßen. Die Nutzlosigkeit von Gesprächen knüpft sich »Uselessness« vor und »Sick« erörtert die Schwierigkeit, jemandem mitzuteilen, dass er krank ist, mit diesmal herrlich ausfransenden Gitarrensounds. Der düster schwärende Titelsong »B Flat A« bezeugt einmal mehr, dass Grzegorz Kwiatkowski ein großer Poet ist, der mit Trupa Trupa Abgründe und Glückszustände des Menschen in grandiose Songformate schmiedet. Hierauf begleitet die Band devot die geheimnisvollen, fast geflüsterten Lyrics. Nach 6:11 Minuten Songdauer ist das Ende des Albums erreicht. Ein überraschend introvertiertes Werk, das in seiner ruhevollen und doch Auswüchse zulassenden Geschlossenheit nicht protzt, sondern die instrumentalen Vorzüge von Trupa Trupa in aller Gelassenheit ausspielt. Syd Barrett meets Wire. Ein episches Meisterwerk, das sich tief in die Psyche eingräbt, auch bei Iggy Pop oder Henry Rollins, die »B Flat A« in ihren Radiosendungen Airplay geben.
Trupa Trupa
»B Flat A«
Glitterbeat
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