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Mary Halvorson

»Thumbscrew«

Es gibt ein hübsches Gruppenfoto im (schmalen) Booklet der CD, da steht links der gewichtige Bassist Michael Formanek, ein Kapazunder auf seinem Gerät, aber wirklich wahr, und rechts der Drummer Tomas Fujiwara, ein schicker Dressman aus Boston mit japanischen Wurzeln. Und dazwischen steht Mary Halvorson, die Weltklassegitarristin, und sieht aus wie, ja, irgendwie sieht sie aus wie eine Volksschullehrerin, die sich zufällig zwischen die beiden Herren verirrt hat. Formanek wollte ihr vielleicht gerade eine Bibel verkaufen und Fujiwara kam gerade aus dem Dinner von nebenan, als der Fotograf die Kamera hochriss, und schwupp, standen alle drei wie angenagelt da. Haha, wie schön hier der Schein trügt! Was kann man noch Anerkennendes über die Improvisationskunst einer Mary Halvorson erzählen? Ihr gelingt, was so viele jazzaffine Musiker verzweifelt suchen, eine zutiefst individuelle, unverkennbare Improvisationssprache, die sich innerhalb konventioneller harmonischer Grenzen bewegt und trotzdem keinen Augenblick lang abgegriffen wirkt. Das Wechselspiel mit Fujiwara und Formanek klappt auch wie aus dem Bilderbuch, dicht gedrängt und konzentriert hört man auf »Thumbscrew« einen beinahe zeitlos wirkenden Jazz, der modern aufgrund seiner umwerfenden Könnerschaft und seiner unbedingten Individualität wird. Von wegen Volksschullehrerin! Hochschulprofessorin für angewandte Jazzkunde im 21. Jahrhundert … mindestens.

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