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Various Artists

»TAM TAM Tanzscheiben«

TAM TAM Records

Für ein knappes Jahr war das TAM TAM Tanzlokal in München mehr als eine Bar. Jedes Wochenende traten dort neben DJs auch Bands auf, und das auf gefühlten 50 Quadratmetern. Ein Ort der Experimentierfreudigkeit, den man in der sterilen Schickimicki-Umgebung der Maximilianstraße nicht erwartet hätte. Die Tanzscheiben-Compilation bietet einen Querschnitt durch die langen Nächte im TAM-TAM-Biotop.

Der Produzent und DJ Sam Irl eröffnet die Compilation und schiebt Bässe sanft hinter die Ohren. Es wabert warm. Beim Karlsruher Elektrokraut-Duo Fred und Luna flackert die heiße Sonne fluoreszierend bei einem »Sonntag in den Bergen«, wobei einige Frequenzgipfel erklommen werden. Anschließend scheppern knarzende Reggae-Grooves des Fricklers F.S. Blummbastic über die Rillen. Mystisches Mexiko bei Los Anónimos de la Ciudad, die von ihrem Schmerz singen, den nur der Mond kennt. Der wehmütige Gesang entschwindet in Hall und Echo. La luna sabe de mi dolor. Euphorische Umstimmung danach mit Neoangin, wenn Popcornpop zuckersüß dahinschmilzt und Jim Avignon leicht beschwingt unter anderem über »Selfies in the train« schwadroniert. Dann ein (vorerst) emotionaler Abschluss mit dem Komponisten Manu Louis. Das klingt episch aus, obwohl es erst die A-Seite war. Verrauchte Barmusik mit einem Piano, das staccato einhämmert. Dazu schiefe Orgeltöne und ein ausuferndes Saxophonsolo, das in den Himmel heult.

Aufgekratzt geht es auf der B-Seite der ersten LP weiter. Von Electropunk mit unterkühlten Texten aus dem Großstadtdschungel wie bei der Single »Leopard« der Münchner Band Wildes oder mit hektischen Synthesizern, die im Dreieck hüpfen wie ein Gummitwist am Rande der Hochhauskante. Fräulein Brecheisen kritisiert in dem Song »Dystopie« den »Digitalen Eingriff ins Gehirn« zu Beats, die im Austropop-Gewand daherkommen. Schwund wird hingegen vom »Gedankenüberfall aus der Pubertät« verwirrt. Da hilft nur noch, das Hirn auszuschalten und »Dance to the Music« zu zelebrieren, wie Schlammpeitziger proklamiert. Oder noch weiter zu gehen und zu sagen »In Dub We Trust«, wenn Pablo Lauf mit düsterem Dub die Dystopie wieder auf den Boden der Tatsachen drückt.

Die zweite Tanzscheibe öffnet die Türen in experimentelle und exotische Gefilde. Es wird wieder instrumental. Streicher bei Akie Doi beweisen eine gewisse Sogwirkung und ziehen ins Geschehen hinein. Die Koordinaten reichen von Japan über Chicago bis nach Bangalore. Es ist nicht klar, wo die Reise hingeht. Aber eins ist sicher: Mit Daniel Door kommt man im Delirium an. Dort vegetieren auch Gathaspar, der BaFög oder Da Resident auf der letzten Seite der Compilation. Es blubbert und Schweiß tropft von der Decke des TAM TAM Tanzlokals, das sich am frühen Morgen langsam leert.

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