Hätte ich Ahnung von Jazz, dann könnte ich mich vergleichend in dieses Album hineinstürzen: »Lonely Woman« von Ornette Coleman ist eine Komposition, die seit ihrer Erstveröffentlichung sehr oft interpretiert wurde. Nun habe ich bedauerlicherweise keine Ahnung von Jazz, mag aber, wie er riecht, und im Falle des vorliegenden Albums steigt mir sein Duft vollaromatisch in die Nase. Das Sunn Trio kredenzt eine psychedelische Delikatesse, die sich hinter allem, was, seitdem Ravi Shankar in Woodstock auf der Holzbühne saß, an fernöstlich inspirierter Musik durch den westlichen Äther geistert, nicht verstecken muss. Spiritual Jazz bzw. nicht wirklich Indian Classical Music unter Einsatz von Dilruba, Tabla, Tanpura, Gitarre, Cello, Glöckchen u. a. – Alice Coltrane ca. »Journey to Satchindananda«, ick hör dir trapsen … Wahnsinn bzw. Nirwana, totale Ruhe, Entspannung und Versenkung. Ein wunderbares Stück Musik, völlig egal, in welchem Verhältnis hier die Interpretation zum Original steht. Wer also zwischen den bereits genannten Altvorderen Ravi Shankar und Alice Coltrane und der bei weitem nicht so bekannten Louise Landes Levi noch Platz im Plattenregal hat, muss hier zuschlagen. Die B-Seite von »Trippin’ On Coleman« ist spezieller. Hier greift Sam Shalabi (Dwarfs Of East Agouza, Land of Kush, Karkhana, Shalabi Effect) zur Oud, und die »Lonely Woman« mutet arabisch an. Indien ist als popkultureller Sehnsuchtsort auf der Landkarte weit mehr etabliert, da hat es das Sunn Trio einfacher, sich Zugang zu den Gehörgängen westlich des Ganges zu verschaffen … Wie dem auch sei: Es überrascht im Grunde an dieser Veröffentlichung nichts, wenn man den qualitativ stets hochwertigen Veröffentlichungen des Krefelder Unrock-Labels in den letzten Jahren gefolgt ist, denn am Niederrhein wird seit Langem daran gearbeitet, Hörgewohnheiten immer wieder aufs Neue herauszufordern, zu erweitern und zu strapazieren. Da bildet das vorliegende Album keine Ausnahme – ebenso wie an »Friends Of The Prophet 6« von Shalabi Effect.
Sunn Trio/Sam Shalabi
»Trippin’ On Coleman«
Unrock
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