Yann Tiersen? Das ist doch der von »Die fabelhafte Welt der Amelie«? Genau. Die damalige Verknüpfung von Minimalismus und Romantik, die in hübsche (aber auch ein wenig gefällige) Klavierminiaturen mündete, hat nicht nur perfekt zum Film gepasst, sondern machte den Franzosen ziemlich bekannt. Es folgte unter anderem die Filmmusik von »Goodbye Lenin«, aber bald danach wurde es, zumindest in unseren Breiten, etwas ruhiger um Yann Tiersen. Der versponnene Franzose machte ungeachtet dessen weiter was er am liebsten macht: einen eigenwilligen Pop, der wenig Berührungsängste kennt, der postpunkig genauso wie klassizistisch oder minimalistisch sein will, der überdies meist etwas Schwärmerisches hat. Irgendwie amelieig eben. Der Popkulturtheoretiker sieht hier vielleicht überhaupt eine Eigenheit des französischen Popkosmos, der der Schlagerwelt nie ganz abgeneigt war (kein Wunder, waren das ja auch keine Schlager, sondern Chansons ;-), und der ja entsprechend verrückte Vögel wie Michel Polnareff oder Serge Gainsbourg hervorgebracht hat. Die oft überraschenden Klangexperimente (z. B. Soundwalls oder geloopte Chorgesänge) auf »Skyline« ecken nie allzu sehr beim popaffinen Hörer an, zeichnen sich stets durch eine Art französische (eben schwärmerische) Nonchalance aus. Und das wiederum spricht dafür, dass man Yann Tiersen abseits des ewigen Amelie-Etiketts durchaus ernst nehmen kann, etwa als modernen, zugleich traditionsbewussten Vertreter des französischen Pop.
Yann Tiersen
»Skyline«
Mute Records
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