Ulrich Rois; Foto und Grafik Design © Martinee
Ulrich Rois; Foto und Grafik Design © Martinee

Salon skug mit Ulrich Rois

Nach kurzem Päuschen ist es wieder so weit, der nächste Salon skug steht am 22. Juli ins Haus und hat Musik zum Ohrenanlegen im Gepäck. Nebenbei ein paar Worte, warum wir pausierten und weshalb wir auch das Ruhebedürfnis Dritter zu würdigen wissen.

Der letzte Salon am 8. Juni war in vielerlei Beziehung üppig. Es gab viel zu hören, Lesung, Diskussion, Live-Musik und später Party, die in den frühen Morgenstunden nur vom einsetzenden Regen beendet werden konnte. Die MALMOE-Ausgabenpräsentation hat den Anwesenden hoffentlich die Augen geöffnet. Einerseits, was die politische Großwetterlage betrifft, andererseits, was MALMOE für eine gute Zeitung ist, und die Krimilesung gab es noch obendrauf. Das vorzüglich avantgardistische Strom-Saitenspiel des Winkelschleifers ließ beinahe die Sicherungen beim Publikum knallen und die DJ-Line aus vereinten skug- und MALMOE-Kräfte sorgte für sehr anregende Beschallung (s. u.). Allen Beteiligten hier thanx again und geneigte Leser*innen fragen sich sicherlich, warum sie jetzt sechs Wochen warten mussten. Nun ja.

Spannende Lesung von »The real crime inc.« Verstärker, Bierkisten und ganz viel Lesestoff, so sieht der Salon mit MALMOE eben aus. © Tatia Skhirtladze

Die Sache mit dem Ballsport
Salon skug musste schweigen, weil andere grölten. Wir haben in der Redaktion diskutiert, ob wir ignorieren sollten, was sich kaum ignorieren ließ, und haben uns dann dafür entschieden, zunächst die Segel zu streichen. Jetzt ist die WM des Herrenfußballs überstanden und wir freuen uns mit einem müden Auge darüber, dass ein afrikanisches All-Star-Team mit französischem Pass alle anderen »Nationen« geschlagen hat. Allein deswegen, weil dies genau die richtigen Spinner und ihr verblödetes »Rassemblement National« ärgert. Dass keiner der »WM-Helden« in der Lage war, sein Maul aufzumachen, dem Potentaten Putin eine Regenbogenfahne über die Schultern zu legen und ihn einmal zu fragen, warum er mit Anti-Gay-Propaganda Politik macht – nun, das war ja auch nicht zu erwarten. Es muss einfach klar bilanziert werden, wenn es um Aufrichtigkeit und – nennen wir es einmal – moralische Stärke geht, dann sind die aufgespritzten Muskelberge alle nur weiches Gemüse und halten ihre Schnäuzelchen fest verschlossen, um zukünftige Werbeverträge nicht zu gefährden. Die Kommentator*innen, Expert*innen und Funktionär*innen waren ebenso schmerzend. Sie versuchten sich in der scheußlichen Kunstform des Herbeiredens von Emotionen und beim kritischen Publikum blieb der Eindruck, einen Monat lag kein wahres Wort im medial vermittelten Äther gehört zu haben. Aber bitte – das Publikum möchte einfach auch mal abschalten. Bei skug zumindest schalten wir jetzt wieder ein, und zwar die Verstärker.

Reiten auf dem gefederten Kojoten
Sicherlich kennen Sie das Gefühl. Der Blick hat sich angeheftet an einen reich-ornamentierten, orientalischen Teppich. Ein Spiel aus Farben und Formen, in denen die Augen schwelgen dürfen. Kleine, feingliedrige Strukturen beginnen, sich kaum merklich zu bewegen. Schalentiere mit winzigen goldenen Füßen, die spitz ineinanderlaufen. Es lässt sich nicht ausmachen, zu welchem Krebs (oder sind es Skorpione?) welches Beinpaar gehört. Leise flirrend wackeln ihre Beinchen durcheinander und bald beginnen sie, sich mit sanften, unterseeischen Klängen in Bewegung zu setzen. Sie ziehen gemeinsam in ein Loch in der Teppichmitte, verschwinden darin und tauchen sogleich wieder daraus auf. Längst lässt sich nicht mehr sagen, wo der Teppich endet und wo das Zimmer beginnt. Was ist Figur und was ist Hintergrund? Alles wird zu einem einzigen Malstrom, in dem wir bald versinken – nicht ohne uns noch zur Wahl unseres Getränkes zu gratulieren oder uns innerlich dafür zu loben, wie kunstvoll wir unser Pfeifchen zu stopfen verstehen. Ganz richtig, so klingt die Musik von Ulrich Rois. Er betreut sein Label »Feathered Coyote Records« seit 2011 und hat die Welt mit rund 50 Releases beschenkt.

Am Sonntag wird er sein neues Solo-Album »Everything is Merging« vorstellen und da gratulieren will schon einmal ganz herzlich zum Titel. Hörproben in der Redaktion sind vielversprechend verlaufen, die Proband*innen waren tagelang nicht auffindbar. Man sollte sich beim Konzert vorsichtshalber am Sitz anschnallen. Stellen sie sich vor, jemand hätte Charles Dodge eine Stromgitarre umgeschnallt und er würde mit einem ungewöhnlich gut gelaunten Henry Flynt musizieren. Die Kanten des Raumes werden langsam weich und dann flüssig. Der Gitarrenhals wickelt sich um das Bein des Interpreten. Man kann das nicht so gut beschreiben, man sollte einfach dabei gewesen sein und sich unaufhörlich fragen, ist das alles nur ein Musiker, der diese ganzen Klangteppiche vor unseren Ohren auslegt? Ja, alles der Rois Ulrich.

Um pünktliches Erscheinen wird gebeten
Bei skug steht bekanntlich neben dem Panel gleich das DJ-Pult und beides regt an und zuweilen auch auf. Nach dem letzten Salon kamen Nachbar*innen vorbei und wollten sich nochmals ganz eingehend für unsere Show bedanken, die ihnen den Schlaf geraubt hat. Lärmbelästigung ist natürlich subjektiv und schwer zu bewerten. Sich über das Ruhebedürfnis anderer zu echauffieren, ist allerdings ganz sicher burschikos. Weshalb es unterbleibt und wir auf die Anrainer*innensorgen eingehen. Dennoch erlauben wir uns die Anmerkung, dass die vorbeifahrenden Autos beim Bühnenaufbau eine solche Lärmkulisse bereitstellten, dass wir unsere eigenen Worte zuweilen nicht verstanden haben. Nur gelten Automobile in einer restlos industrialisierten Gesellschaft eben als Naturphänomene und werden tatsächlich von vielen nicht mehr wahrgenommen. Es nützt also nichts, wir müssen ab jetzt wirklich pünktlich um 19:00 Uhr mit dem Konzert beginnen und ab 22:00 Uhr in Zimmerlautstärke die Musik in die Ohren der geneigten Zuhörer*innenschaft rieseln lassen. Egal zu welcher Stunde, wir freuen uns auf Euch.

Dies ist der sechste Salon im siebten Monat des Jahres 2018. Weitere folgen im Central Garden im August und September. Danach ziehen wir an Orte mit Dach.

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