Letztes Jahr fragte sich skug bereits »Wem gehört die Straße?« und dieses Jahr dürfen wir sagen: Sie gehört uns. Nun ja, sie gehört uns ein ganz kleines Stück und zwar in der Großen Stadtgutgasse im 2. Wiener Gemeindebezirk und da auch nur das obere Ende zwischen Taborstraße und Castellezgasse und die auch nicht etwa ganz, denn die Gehsteige bleiben frei und eine mindestens 3,50 m breite Zufahrt zur Tiefgarage ebenso und dies auch nur zwischen 9:00 Uhr morgens und 23:00 Uhr abends, denn dann ist alles wieder abgebaut und wie zuvor. Und ja, stimmt, wir haben beim Anmelden der Veranstaltung wieder viel über Verwaltung gelernt. Nämlich, dass die Mitarbeiter*innen der Magistrate eine sorgfältige und gute Arbeit machen und sehr hilfsbereit sind, dass sie aber teilweise doch recht kuriose spezifische Forderungen stellen müssen, weil sie nur das letzte Glied des Regierens sind. Die regierende Politik hingegen will uns Bürger*innen offenkundig etwas lehren: Es ist fuckin’ schwierig, was zu ändern, und wenn es nur einen Abend lang währt. Bloß nicht denken, die übliche Straßennutzung ließe sich leicht aufheben. Nein, nein, hier gibt es ganz viel festgeschriebene Interpretationen, die keinesfalls ausgehebelt werden sollen.
Der Straßenraum ist im wesentlichen Parkraum und Fahrbahn. Das finden zwar viele politische Entscheider*innen den Worten nach falsch, nur schützen sie genau diesen Status Quo, wenn sie die andere Straßennutzung nicht leichter ermöglichen. Ist dies Abbild gesellschaftlicher Mehrheiten? Vielleicht. Ist es zukunftweisend? Sicher nicht. Pariser Klimaziele lassen sich nicht mit »weiter so« einhalten. Es müsste sich wirklich was ändern, beim Verkehr, bei der Nutzung der Stadt, bei der Mobilität. Dazu braucht es eine andere Sicht auf die Straße, eine, die erkennbar macht, was hier lebt, leben könnte, verborgen wird, zubetoniert und unhörbar gemacht wurde und wie sich so eine Ordnung manifestiert, die eigentlich viele nervt. Ein Personenkreis, der hierbei traditionell hilfreich agiert, sind Künstler*innen. skug hat sie eingeladen und sie werden uns die Augen öffnen. Vom essbaren Asphalt bis zur letzten Waschung für die sterbende Verkehrsform Auto.
Street Talk
Mit geöffneten Augen lässt sich leichter der nötige Mut gewinnen, auch etwas zu ändern. Wenn es stimmt, dass eigentlich wir der Verkehr sind, dann müssen »wir« uns auch vernetzen. Viele Initiativen schauen vorbei und werden auf einem ersten Panel mit Bürgerinitiativen diskutieren. Über ihre Erfahrungen und ihre bisherigen (Miss-)Erfolge beim Erlangen eines offenen Straßenraumes, Allee Hopp, matz*ag, Sommeroase Hasnerstraße und weitere (gerne spontan vorbeischauen, wer dies liest!) kommen vorbei. Die Initiativen stellen wir übrigens in unserer Serie »Wir sind der Verkehr« sukzessive vor, ebenso wie die beteiligten Künstler*innen und Aktivist*innen Isa Klee, Reni Hofmüller, Toxic Mess oder das Team Wiener Sukzession. Darüber hinaus zeigen die European Public Sphere und die Letzte Generation (vielleicht schon mal gehört) Präsenz.
In einem zweiten Panel unseres skug Talks werden wir Wissenschaftler*innen und den teilnehmenden Bürger*innen des »Zukunftsrat Verkehr« eine Bühne bieten. Ihre Treffen im letzten Jahr fanden mit dem Ziel »Nachhaltiger Verkehr in der Ostregion – Bürger*innen finden Wege zum Erreichen der Klimaziele« statt. Das Publikum darf gespannt sein, wie sich der Bürger*innenrat geschlagen hat, der weiß, dass ökologische Fragen nur gelöst werden können, wenn diese auch zugleich als soziale und politische Frage der Mitbestimmung verstanden werden. Niederschwelliger als der skug Talk geht nicht (es gibt kein Podest) und deshalb ist Mitdiskutieren und das Reden auf der Straße über die Straße sehr erwünscht.
Straßenmusik
Nun wäre der Salon skug nicht der heiße Scheiß, der er ist, wenn nicht zu dem ganzen Content und der solidarisch-unterhaltsamen Vermittlung auch noch die Musik käme. Ab 14:00 Uhr mittags beschallt ein schwer überschaubares Feld an DJs die Straße mit teils eigens für die Straße kuratierter Musik – Details gerne nachfragen bei Drehli Robnik. Und plötzlich heißt es dann: »Flächendeckend 30« für alle! Flonky Chonks, der einstige Radkurier, der die Glaubwürdigkeit in die Street Cred rhymt. HipHop mit Live Drumming, bis die Luft in jedem Fahrradreifen stimmt. Ein passender Act für den Abend geht nicht, da dreht sich mehr rund als bei Schostakowitsch im Zementmischer. Mit RIO OBSKUR ist dann wieder Premierentime im Salon. Hat es so noch nicht auf der Bühne gegeben, wenn auch die beteiligte Nella Lenoir im Salon schon zu Gast war. Wer versucht hat, mit dem Synthesizer extraterrestrische Kontaktanbahnungen herzustellen, kommt hier auf seine*ihre Kosten. Die Verkehrswege gehen jetzt ganz nach oben.
Neben skug kommen weitere, hochgeschätzte BAM!-Medien zum Straßenfest: Die »MALMOE« schnallt ihre neue, wieder unerhört lesbare Doppel-Ausgabe #103 und #104 auf den Gepäckträger, Radio Orange 94.0 nimmt die Shows auf und der Augustin mischt mit. Wir freuen uns auf euch beim Straßenfest am 10. Juni 2023!