Mermaid & Seafruit © Joe Albrecht, Grafik: Kathi Arnecke
Mermaid & Seafruit © Joe Albrecht, Grafik: Kathi Arnecke

Salon skug auf Rädern mit Mermaid & Seafruit

Der nächste Salon rollt über die Stadt und bringt dystopische Klänge von tief unter dem Meeresspiegel. Passend dazu fragen wir uns im Salon skug Panel, wie und weshalb Wien gerade neu in Beton gegossen wird.

Also die Salons in Covid-Zeiten sind sicherlich auch etwas für Menschen, die Behördengänge lieben (soll es ja geben). Denn keine Frage, ganz einfach ist das alles nicht mit dem umfangreichen Einholen der Genehmigungen, und deshalb sind wir umso froher, wenn es uns monatlich gelingt, zu veranstalten. Bevor wir den Blick nach vorne wagen, noch schnell den zurück auf den wunderschönen Salon im Yppenpark. Da bekanntlich tausend Bilder mehr sagen als ein Wort von skug, hier der bildliche Überblick auf den letzten Salon zum Schwelgen. Credits: © Florian Rieder.

Waren wir beim letzten Mal Covid-safe mit Abstand und Maske, so brauchen wir jetzt nur mehr einen Meter zwischen uns zu bringen (statt zwei) und die Masken dürfen im Freien fallen. Eine Freiheit die – mit der gebührenden Vorsicht – genossen werden soll, schließlich sitzt die Delta-Variante schon in den Startlöchern. Für den nächsten Salon haben wir uns einen Ort ergattert, um den uns wahrscheinlich niemand beneidet. Als wir nämlich sagten, wir bringen den Salon skug auf Rädern auch an die Ränder der Stadt, da meinten wir: »Wir bringen den Salon skug auf Rädern auch an die Ränder der Stadt«. So wird es jetzt geschehen und uns zugleich Anlass bieten, einmal darüber nachzudenken, was gerade mit der Stadt Wien passiert, die in den letzten Jahren eine schier nie dagewesene Bautätigkeit entfaltet. Wir begeben uns deshalb mit dem nächsten Salon in den Innenhof des sicherlich weitgehend unbekannten Bürogebäudes an der Erdbergstraße 202. Es liegt direkt neben der U3-Station Erdberg und ja, Infrastruktur von Häusl bis Bierverkauf ist vorhanden.

Die Stadt als Beute
Was dieser Salon bieten soll, ist ein Blick auf die Stadt, wie ihn viele Bewohner*innen vermutlich nicht haben. Einerseits hat sich das Areal in Erdberg bestürzend verändert. Ganze Wände aus Hochhaustürmen wurden gefühlt innerhalb der letzten 14 Tage errichtet. Auch von der altehrwürdigen Bühne der Arena blickt man jetzt auf eine neuerrichtete Wand Betongold. Was diese Bauwut zurücklässt, sind Areale, die selten unter der Rubrik »alles absolut super und wunderschön« verbucht werden können, sondern meist gemischte Gefühle hinterlassen. Die Summe der Designzwecke führt kaum je zu belebten und lebendigen Räumen, sondern strahlt meist eine gewisse Endzeit-Atmo aus. Schon mal die nahegelegene Shopping-Mall Gasometer besucht? Da wurde die Lockdown-Stimmung schon vor zehn Jahren durchexerziert.

Hier, im ebenenreichen Hinterhof des Bürogebäudes an der Erdbergstraße 202, wird der kommende Salon skug auf Rädern stattfinden. © Redaktion

Warum diese Areale nie so richtig funktionieren und wer uns da gerade wie und warum die Stadt verbaut, diskutieren wir in kundiger Runde mit Architekturhistoriker*innen und Stadtarbeiter*innen. Der Hof in Erdberg hat aber bei aller berechtigten Kritik einen irgendwie sympathischen und kuriosen Charme. Die Entwerfer*innen haben formal einen Raum der »tausend Plateaus« geschaffen, der über viele Piranesi-artige Treppen erschlossen wird. Auf diesen kleinen Plattformen werden wir uns positionieren und ein Raumerlebnis genießen, an dem sonst nur vorbeigelatscht wird. Die Moderation des Salons übernimmt das erfahrene und stets perfekt vorbereitete Duo Ania Gleich und Frank Jödicke, ausgerüstet mit ihren Cue-Cards, die die Welt bedeuten. (Hoffentlich denken sie diesmal dran, sie auch einzupacken.) Einen Artikel zur Thematik, der sogleich die Teilnehmer*innen unseres Panels enthüllen wird, gibt es in den nächsten Tagen. Es sind Covid-Zeiten und somit Zeiten der Impro. Eines ist gewiss, der Salon skug wird lehrreich und lustig.

Steig’ in den Maschinenraum
Ein besonderer Stadtraum will selbstverständlich mit den entsprechenden Klängen bespielt werden. Ein Glück, dass wir unsere Soundanlage dabeihaben und ganz viel Kompetenz an den Plattentellern mit den DJs brrnje, Decta und Crème brûlée. Und natürlich einem wunderbaren Live-Act, der das Salz in unseren Gesichtern knistern lässt. Mermaid & Seafruit, das austro-polnische Duo von Markus Steinkellner und Magdalena Chowaniec, haben ein feines Gespür für den Horror von Neubausiedlungen, wie unschwer zu erkennen:

»Today we celebrate death […]

Something is wrong in the city«

Hmmm. Könnte stimmen. Mindestens ebenso wichtig wie die Message ist die Mucke und hier darf konstatiert werden: Genau so muss es sein, wenn Urban auf Noise knallt! Der Einsatz des Beat gibt dieses Gefühl von Deliverance, die wir jetzt so nötig haben. Ein gewisser Frank Z. erkannte schon vor vier Jahrzehnten: »Kein Sound ist so schief wie die Scheiße, die die mit uns machen wollen.« Stimmt, aber aufgepasst: Wir wehren uns und das ist wunderschön. Mit Sounds, mit Beats und mit Gedanken. Unbedingt vorbeischauen im Erdberger Innenhof, der an diesem Abend die schwarze Seele der Stadt sein wird, in die das Stroboskoplicht der Aufklärung reinknallt. Wir freuen uns auf euch.

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