Teil Zehn dieser außergewöhnlichen Serie des Londoner Sonic Arts Networks unternimmt eine sonische Reise in jene Gebiete, die langläufig als »Dritte Welt« tituliert werden. Der angolanische Komponist Victor Gama hat 15 Tracks zusammengetragen, die jedem Verdacht von »World Music« sofort den Garaus machen: Wie der Untertitel »Sounds From Beyond The Bubble« klar macht, geht es darum, Barrieren niederzureißen und aufzuzeigen, dass experimentelle und avantgardistische Musik außerhalb der US-amerikanischen-europäischen-japanischen Demarkationslinie mindestens so prominent vertreten ist wie innerhalb.
Großer Unterschied ist, dass hierzulande diese Prozesse als natürlich gegeben angesehen werden, während in den Ländern außerhalb die Möglichkeiten, derartige Musik zu konsumieren oder zu produzieren, sich zum Politikum auswachsen (können). Der elektronischen Krach des Libanesen Mazen Kerbaj oder die Tape-Loops seines Landsmannes Raed Yassin könnten auf jedem europäischen Experimentalfestival bejubelt sein, Kamran Rastegar (Iran) und Hassan Khan (Ägypten) kreuzen enigmatische Fieldrecordings mit Tabla-Rhythmen und das brasilianische Klarinettenquintett Sujeito a Guincho spielt rhythmisierte Drones, die amerikanischen Minimalisten lassen grüßen. Boikutt, Speerspitze des Produzenten-Kollektivs Ramallah Underground, rappen über den palästinensisch-israelischen Konflikt. Gamas Track schließlich ist eine eigentümliche, indes in sich stimmige Mischkulanz zwischen Fieldrecordings und westlicher Kunstmusik. Mit dem Ukrainer Kotra ist ein auch in unseren Breiten bekannter Musiker dabei.
»Periférico« steht als ein eindrückliches Beispiel dafür, wie breit sich experimentelle Musik denken lässt, wenn sie, und das wird hier höchst stringent dargelegt, lokale Traditionen mit einbezieht. Und natürlich kommt SAN10 im wunderbar aufgemachten 7“-Format daher, versehen mit vielen Texten, Zeichnungen und Kontakten. Eine der Top-5-Produktionen des Jahres, essentiell!