oxbox love holiday
Oxbow

»Love’s Holiday«

Ipecac

Es muss schon eine ganz besondere Band sein, auf die sich in ihrem knapp 35-jährigen Bestehen so unterschiedliche Musiker*innen wie Marianne Faithfull und Peter Brötzmann eingelassen haben. Und wenn Oxbow nun ein Album lang auf Liebesurlaub gehen, dann kann das auch kein unbeschwerter Trip in einem Summer of Love sein. Eugene S. Robinson, der – um das Mindeste zu sagen – charismatische Frontman und Texter, steuert bereits im Opener »Dead Ahead« sein Schiff rastlos von Küste zu Küste: »This god of love destroys and creates; and this god of love is great; so thoroughly great«. Großartig sind auch dieser erste sowie der darauffolgende Track »Icy White & Crystalline«; zwei präzise, messerscharfe Noise-Rocker, die auch zu früheren Peers wie The Jesus Lizard gepasst hätten. Oxbows Niko Wenner steht deren Gitarrist Duane Denison um nichts nach. Gerade weil sich der mediale Fokus stets auf Robinsons überragende (Bühnen-)Präsenz richtet, sollte nicht darauf vergessen werden, Oxbow als virtuos interagierendes Quartett zu würdigen: Drummer Greg Davis war auch schon auf dem Debüt »Fuckfest« (1989) zu hören. Bassist Dan Adams sowie Gitarrist, Pianist, Arrangeur Wenner machten mit Robinson davor schon bei Whipping Boy gemeinsame Sache (Wiederhören des Albums »The Third Secret Of Fatima« lohnt sich). »Love’s Holiday« ist kein »Fuckfest«. Und Oxbows letztes Studioalbum »Thin Black Duke« (2017), an das das neue Album atmosphärisch anschließt, war auch kein »King Of The Jews« (1991). Soll heißen, es überwiegen die leiseren Töne. Aber je harmonischer selbst Chor- und Piano-Passagen, die es ansatzweise ja tatsächlich auch schon auf den ersten beiden Alben zu hören gab, Robinsons Storys umrahmen, desto beunruhigender können sich die Szenarien entfalten. »All Gone« hauntologisiert im Flüsterton menschlichen Verlust. »Lovely Murk« hat eine tolle vokale Kollaboration mit Kristin Hayter aka Lingua Ignota zu bieten. Überhaupt lassen sich Songs Drei bis Acht gut wie ein Track hören, bevor »The Second Talk« mit einem von Robinsons charakteristischen Screams eingeleitet wird. Justin Broadrick (Godflesh etc.) sagte unlängst in einem Interview mit Heinrich Deisl für den Ö1 »Zeit-Ton«, er schätze nach wie vor die Magie eines ganzen Albums, weil es ein abgeschlossenes Konzept repräsentiere. »Love’s Holiday« ist genau so ein Album. Demnächst live u. a. am 11. September 2023 in der Roten Bar des Wiener Volkstheaters zu erleben. 

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Text
Peter Kaiser

Veröffentlichung
28.08.2023

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