Ab in den Geschichtsbeschleunigungsinkubator! Nach der EP »even STRibber« (Comfortzone 2012) haben Gary Danner und Elisa Rose aka Station Rose (STR) mit der Online-EP »NEXT« wieder ein musikalisches Zeichen gesetzt. Würde man hier die seitdem stattgefundenen Kunstinterventionen und -aktionen ebenfalls auflisten, bräuchte man wahrscheinlich eine ganze Seite. Konzentrieren wir uns also auf die Musik. Wobei »NEXT« wieder nicht nur ein Release für sich ist, sondern parallel dazu der Katalog »NEXT Digital Quarter Century« erscheint. Bei den österreichischen Cyberspace- und Audiovisionspionieren sind seit ein paar Jahren Synergien zwischen dem Digitalen und Aktualisie- rungen des Analogen festzustellen. Beziehungsweise do-it-yourself-Produktion. So erscheinen die EP auf ihrem Label Gunafa Rec. und der Katalog als Selbstpublikation im Eigenverlag Gunafa Books. Kein InDesign sondern am ehesten Ästhetiken früher CD-ROM-Programmierungen.
Die aktuelle EP macht – quasi negativ gesprochen – deutlich, wie vormalige Utopien im derzeitigen Ökonomiediskurs aufgehen (Cyberspace vs. »social media«), und – quasi positiv gesprochen – wie sich damit verbundene Stil-Surfings jenseits des Eklektischen anhören. Gut, STR haben immer schon für musik- und mediengeschichtsbewusste Verwirrung gesorgt. Von daher wenig verwunderlich, dass das ursprünglich als Joke lancierte »Genre« Krautstep da mehr als Sinn macht. Krautrock und dessen Psychedelik, die von maghrebinischer Acid-Trance auf dem Track »3000« zu Syd Barretts Pink Floyd – als allgemeine Referenzprojektion – reicht, ebenso wie ein Exotica-artiger Hintergrund für Ûberlegungen zur Zukunft des Netzes mit »The Dark Web«. »Pattern University« ist eine Nummer, die noch am ehesten bekannte Zuschreibungen zu Dubstep einhält; allerdings hier als »plastic sounds« des Tonstudio-Wizards Raymond Scott denn Bassgewitter. Und die Produktionstools reichen von psychedelischen Gitarrenverzerren über iPads bis zum Einsatz eines Mellotrons. Auch hier wieder Historie, schließlich war das Mellotron beliebter Soundgenerator für Prog Rock. Den Abschluss der EP bildet ein kurzer Live-Mitschnitt eines Konzerts in der Donauau für STRs Projekt Pixel Home. Generell verbreitet »NEXT« eine durchaus entspannte Atmosphäre. Die sich im Verlauf des Hörens allerdings als immer trügerischer herausstellt. Es ist ein gut 23-minütiger Soundtrack über das Unbehagen in der Kultur, keinesfalls dystopisch, aber auch nicht euphorisch, sondern Raum und Zeit abtastend.
Station Rose-Interview-Porträt von Didi Neidhart/mica über »NEXT«