Der Traum von Amerika wird immer wieder von nicht-amerikanischen Filmemachern in Kinobilder umgesetzt. Einer dieser Traumstücke heißt »Once Upon a Time in The West« ein anderes »Arizona Dream«. Wong Kar-Wei betritt mit seinem neuestem Werk filmisch erstmals die Vereinigten Staaten. Gleichzeitig beginnt der Regisseur aus Hongkong einen neuen Abschnitt in seinem Oevre. Sein großartiges »2046« stellt nach Angaben Kar-Weis einen Endpunkt in seiner Auseinandersetzung mit dem Hongkong seiner Kindheit dar. Mit bewährter Crew, Darius Khondji (Kamera) oder William Chang (Production Design, Kostüme, Schnitt) an neuen Schauplätzen und mit DarstellerInnen, die erstmals mit ihm arbeiteten, hat Kar-Wei eine Geschichte in Laufbilder umgesetzt, in der es um Liebe und Begehren, Abschiede, Loslassen und Nicht-Loslassen-Können geht. Das sind Themen, die Kar-Weis Filme grundsätzlich durchziehen, auch die Metapher der Reise wurde wieder aufgenommen.
Reise mit Lerneffekt
Diesmal begibt sich eine junge Frau auf die Reise. Elizabeth ist ihr Name, dargestellt wird sie von der Musikerin Norah Jones. Es handelt sich um eine Art Initiationsreise auf der die Heldin Heilung von den Wunden der Liebe erfährt und lernt Vergangenes hinter sich zu lassen. In allegorischen Bildern bekommt Elizabeth vorgeführt, wozu an Unerreichbarem festzuhalten führen kann. Als Barfrau beobachtet sie aus nächster Nähe das katastrophale Ende einer amour fou. Der Polizist Arnie (David Strathairn) wird scheinbar von seiner (Ex-)Ehefrau der femme fatale Sue Lynne (Rachel Weisz) in Alkoholismus und Wahn getrieben. Doch von Sue Lynne erfährt Elizabeth einiges, das ihre offenbare Schuld relativiert. Die Reise geht weiter, stilistisch gibt es einen Zeitsprung. Während die Arnie/Sue Lynne Episode in einem 40er/50er-Jahre-Set spielt, findet die Begegnung mit der Spielerin Leslie (Natalie Portman) in einer 80er-Jahre-Umgebung statt. Hier ist Elizabeth stärker in die Ereignisse involviert, denn Leslie unterwirft sie einer Prüfung. Elizabeth sieht und lernt und kann endlich an ihren Ausgangspunkt in New York zurückkehren, wo sie von Jeremy (Jude Law) mit dem titelgebenden Blaubeerkuchen bewirtet wird.
Übergangswerk
Wong Kar-Wei war stets ein Meister der Andeutung, ließ Bilder sprechen und weniger seine Akteure. Diesmal erweisen diese sich als geradezu geschwätzig, geben zu viele Stammbuchsprüche wie »Selbst wenn die Tür offen ist, ist der Mensch, den du suchst, möglicherweise nicht da, « von sich. Es scheint, als traue der Regisseur den Bildern nicht und wolle sie durch gesprochene Worte festlegen. Zwar finden sich in »My Blueberry Nights« typische Kompositionen mit Zeitlupen, Überblendungen, Stills, es überwiegen jedoch klare, eindeutige Formen in der Erzählweise, insgesamt ergibt das den Eindruck von Uneinheitlichkeit. Gemessen an Wong Kar-Weis früheren Filmen wirkt »My Blueberry Nights« als Übergangswerk.
»My Blueberry Nights« (R: Wong Kar-Wei, USA/Hongkong China 2007)
Ab 8.2.2008 in österreichischen Kinos