Was geschah eigentlich mit der fabelhaften Amélie? In einer Version der Geschichte wurde sie Chansonnière, was aber gar nicht so einfach war. Zunächst musste sie nach Üsterreich übersiedeln, was überraschend genug ist, aber dann musste sie auch noch ihre Persönlichkeit so perfekt spalten, dass daraus zwei vollständige Personen wurden. Und zwar die Damen Muriel Zemp und Vera Fischer (aka Colette et Rose), die sich auf »Mélodies Démolies« mit améliehafter Verspieltheit dem traditionsreichen Métier des Chansons hingeben. Und dabei zugleich einen ähnlichen Willen zur eigenwilligen Gestaltung und Perfektion zeigen wie etwa Jean-Pierre Jeunet, der Regisseur von Amélie. Außerdem scheint sich die alte Regel, dass man nichts so sehr begehrt wie das Abwesende, hier formvollendet zu bestätigen. Wien ist nicht Paris und wird es niemals werden. Gerade darum sind diese in Wien entstandenen Chansons die besseren Widergänger, weil sie keine Reprise, sondern eine minimalistische Neuerfindung im Zeichen der Reduktion sind. Man darf wirklich den Hut vor beiden Damen ziehen, denn man wird hier mit einem Hörerlebnis beglückt, das sich irgendwo zwischen großartig, entzückend und makellos einpendelt. Ganz große Empfehlung, nicht nur für frankophile Gartenzwerge.
Colette et Rose
»Mélodies Démolies«
Experimentalstudio Brigittenau
Text
Curt Cuisine
Veröffentlichung
26.03.2012
Schlagwörter
90
Colette et Rose
Experimentalstudio Brigittenau
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