Ist nun nicht die allergrößte Neuigkeit, aber Rune Grammofon veröffentlicht einfach geiles Zeugs. Halten wir das wieder mal fest. Auf der vierten Platte des Scorch Trios (Raoul Björkenheim, Ingebrit H. Flaten) wurde der von Paal Nilssen-Love vakante Drums-Sessel von Frank Rosaly übernommen. Aufgekratzte acht Tracks sind das, bisweilen zäh und weitausschweifend, dann wieder gerne mal hyperaktiv. Ich persönlich halte manchmal den Sound der Gitarre nicht aus, weil er mir zu Fusionmäßig rüberkommt. Aber abgesehen davon: Ein von Spielfreude und vor allem -witz gekennzeichnetes Album, bei dem Improv zwischen wohlkalkulierten Strukturen und freiem Spiel dahinlaviert. Eine absolut gestandene Aufnahme, die zwar nicht neue Territorien beackert, dafür indes nichts weniger als kompakte Jazz-Unterhaltung auf hohem Niveau bietet.
Ultralyd ist meine sagen wir Rockplatte des Herbsts. Album Nummer drei dieses formidablen Quartetts (Kjetil Møster, Andres Hanna, Kjetil Brandsdal, Morton Olsen) lässt sich noch am ehesten als eine Bastardisierung von zeitgenössischer Musik mit Metal beschreiben. Oder so: Grenzauslotungen zwischen Jazz und Rock. Hier ist alles dabei, was man vehement treibenden Rhythmen und einem ultradichten Soundflechtwerk abverlangen kann: Brandsdal (von Noxagt) schwingt einen magengrubendesavouierenden Bass, Møsters Saxofon macht auf rituelle Geisterbeschwörung und Olsen an den Drums ist funky as hell. Ultralyd scheuen sich nicht davor, in kitschige Bereiche abzudriften, aber nur, damit dieser Malstrom umso heftiger in die Ohren klatscht. Beeindruckend, wie hier Energie und Zeit gegen- und ineinandergeschoben werden.
Das aus Bergen stammende Label +3db könnte man quasi als kleinen Bruder von Rune Grammofon sehen. Bei +3db werden ähnliche Felder vermessen, im Falle des zweiten Albums von Lemur (Bjørnar Habbestad, Hilde Tafjord, Lene Grenager, Michael F. Duch) heißt das: improvisierte Kammermusik. Extrem reduzierte Klangflächen werden auf »Aigéan« aufgezogen, oftmals nur knapp über der Hörgrenze, Schaben, Rauschen und Klicken, also das musikalische »Außen«, sind dabei genauso tonangebend wie das Spiel selbst. Langsam und tief dahinziehende Soundkaskaden, die immer dann, wenn man versucht ist, Ambienthafte Stimmungen aufkommen zu lassen, mit enervierenden Schlenkern für Unruhe sorgen. Live sicher beeindruckend, auf CD dann doch zu wenig Energie.