Last Exit Extraplatte. Das letzte im Wiener Verlag mit dem Kreissägeblatt-Logo erschienene Album fungiert als Vermächtnis wofür das Wiener Label stand: Nichteinmischung in künstlerische Belange. Selbst im Rahmen der Konkursabwicklung gibt Harald Quendler den Musikern noch die Chance, ihre Tonträger abzuholen, damit nicht alles den Bach runtergeht. Lieber schiebe ich die Gründe für die Bitternis beiseite und betätige ein letztes Mal meine Rezensionsfinger, um das Erstrahlen, das Feuer von riskanter Improvmusik auf Extraplatte zu lobpreisen. Spontan war bereits die Gründung des Trios anlässlich des »Alpenglow 2 – Styria meets UK Festival 2010« und obwohl drauflos improvisiert wird, zieht sich ein visionärer Faden durch die vier Tracks, wohl auch dank der Postproduktion die die langgedienten Kapazunder Maggie Nicols (voc), John Russell (g) und Mia Zabelka (vi, voc) gemeinsam auf sich nahmen. Unglaublich somit, in welcher Fieberkurve sich der Opener nach oben schraubt, um kurz innezuhalten und dann noch mal schön kratzbürstig auszufaden. »Three’s Company«, das Auftaktstück, ist wohl ein Tribute an Derek Baileys Company, in der unzählige Musiker die Herausforderung annahmen, einander zu nicht vorherbestimmten Soundkreationen zu stimulieren. Bei genauem Hinhören entlarvt sich auch beim Trio Blurb der oft vernommene Vorwurf, Improv klinge mehr oder weniger immer gleich, als falsch. Bei Nicols/Russell/Zabelka entsteht nicht ein Reibungsverlust, sondern die Lust am einander Reiben gebiert hypnotisch oszillierende Soundscapes wie »21st Century Folk«, die selbst den Raum des Londoner Vortex (es handelt sich um Live-Aufnahmen vom 21. Juni 2011) ins Wohnzimmer zaubern. Da dämmert es mir: Klarerweise haben die Zeiten sinkender Aufmerksamkeitsspannen und immer weniger Gebrauch hochqualitativer Abspielgeräte auch ihren Beitrag geleistet, dass selbst Institutionen wie die Extraplatte schließen müssen.
Trio Blurb
»Maggie Nicols. John Russell. Mia Zabelka«
Extraplatte
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