MAIIJA © Michael Poetschko
MAIIJA © Michael Poetschko

»I am not who you think I am«

Am 15. September 2023 erscheint »I am«, Marilies Jagschs erstes Album seit 14 Jahren, das erste unter ihrem neuen Pseudonym MAIIJA, die beiden zuvor, 2008 und 2010, erschienen noch unter ihrem echten Namen. Eine Woche vor dem Release traf skug sie für ein kurzes Interview.

Ich treffe Marilies Jagsch Anfang September in einem Wiener Café. Sie hat viel zu tun zurzeit, so kurz vor der Veröffentlichung von »I am« und dem damit verbundenen Release-Konzert am 15. September im ORF RadioKulturhaus, dennoch freut sich die Songwriterin, mich zu sehen. Ich mich auch. Nachdem wir uns etwas zu trinken bestellt haben, reden wir. Darüber, wie es ist, das erste Mal mit einem Produzenten eng zusammenzuarbeiten, was das Konzept hinter ihrer neuen Platte ist, ob ihr Kritik nahegeht und über vieles mehr. Zuallererst aber darüber, wie man denn den Namen ihres neuen Projektes MAIIJA richtig ausspricht: Ma Ja, wie die Anfangsbuchstaben ihres Vor- und Nachnamens. Die Linien dazwischen haben einen ästhetischen Grund. 

skug: 14 Jahre liegen zwischen deinem letzten Album »From Water to Ice to Nothing« und deiner neuen Platte »I am«. Wie kamst du nach dieser langen Zeit dazu, ein neues Projekt zu starten? 

Marilies Jagsch/MAIIJA: Es war schon lange in meinem Kopf, dass das passieren soll. In meinem Leben sind aber so viele andere Dinge dazwischengekommen, dass der Zeitpunkt offenblieb. Irgendwann kam dann der Moment, in dem ich einfach wusste, dass es jetzt so weit ist. Ich wollte nicht noch länger warten und die Gefahr eingehen, den Bezug zu den Liedern zu verlieren, die ich schon geschrieben hatte. Dann ging es nur noch darum, dem vorhandenen Material zwei oder drei weitere Songs hinzuzufügen und einen Bogen zu einem Album zu spannen.

Wie viel Marilies Jagsch von vor 14 Jahren steckt in deinem neuen Projekt MAllJA?

Eine komplette Veränderung war mir nicht möglich, war aber auch nie meine Absicht. Es sind auch auf dem neuen Album auf jeden Fall noch Elemente der beiden früheren zu finden, aber ich habe versucht, dem Ganzen ein neues Gewand zu geben. Vor allem durch den Produzenten, Peter Paul Aufreiter, hat sich viel verändert. Das war das erste Mal, dass ich eine weitere Person in den engen Schaffensprozess miteinbezogen habe. Der Gedanke dahinter war, dass das ein bisschen den Stil verändert und Elemente, mit denen ich weniger vertraut bin, wie Synths beispielsweise, mit einbringt.

Wie war denn euer gemeinsamer Schaffensprozess?

Wir haben unsere Zusammenarbeit während des Lockdowns gestartet. Meine Lieder sind also zuerst ganz allein entstanden. Bevor ich sie rausgeschickt habe, habe ich für alle Instrumente grobe Arrangements entworfen. Die habe ich dann an Peter Paul geschickt. Wir haben also am Anfang viel aus der Entfernung heraus miteinander gearbeitet. Er hat das Ganze dann bei jedem Lied ein wenig verändert. Bei manchen mehr, bei anderen weniger. Das Schöne daran war, dass er viele Dinge umsetzen konnte, die ich schon lange selbst machen wollte, für die mir aber einfach noch die Fähigkeiten oder die genauen Ideen gefehlt haben.

Gab es Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit?

Nein, überhaupt nicht, es war eher überraschend, wie schnell wir uns immer einig wurden. Es gibt natürlich ein großes Risiko, wenn man so eine enge Produktionsbeziehung eingeht. Wir haben uns schon auch gesagt, wenn wir fanden, irgendein Arrangement ginge gar nicht, das muss man dann schon aushalten können. Überwogen haben aber auf jeden Fall die positiven Momente, wenn er mir was geschickt hat und es war genau das, wovon ich geträumt habe, ohne genau zu wissen, dass es so ist. 

Das ist dein erstes Album, das du nicht unter deinem echten Namen Marilies Jagsch veröffentlichst, sondern unter MAllJA, trotzdem heißt es »I am«. Warum?

Im ersten Moment scheint das ja ein recht egozentrischer Albumtitel zu sein. Genau mit dieser Idee wollte ich aber brechen, auch mit diesem Individualismus, der gerade so ein Thema ist. Ich meine mit »I am« also eher das Gegenteil, wie es auch der Klappentext der CD sagt. Der startet mit: »I am not who you think I am. I could be anyone. My existence depends on your vision.«

Die Lyrics deiner Platte lesen sich wie eine Geschichte einer toxischen Beziehung. Toxische Beziehung zu einer Liebe, toxische Beziehung zu sich selber?

Toxisch ist da tatsächlich ein guter Begriff. In der ersten Single »I am consumed« geht es zum Beispiel um unsere toxische Beziehung mit dem Kapitalismus. Dieses Ich, das da spricht, könnten wir alle sein. Oft wird bei der Rezeption eines Songs das lyrische Ich mit der Person gleichgesetzt, die die Lieder singt oder komponiert. Mir ist das zu eindimensional, ich finde am Schreiben gerade spannend, dass man sich in so viele verschiedene Perspektiven hineinversetzen kann, das macht dann auch etwas viel Größeres auf, beispielsweise gesellschaftliche Zusammenhänge oder auch ganz abstrakte Positionen.

Du warst ja auf keinen Fall untätig in den letzten Jahren, aber jetzt stehst du wieder mit eigenen Sachen auf der Bühne. Aufgeregt? 

Ja, schon. Aber irgendwie auf eine sehr schöne Art. Ich hatte ja bis jetzt drei Konzerte und ich merke einfach, dass mir das sehr nahe ist, was ich da jetzt mache, und dass ich mich sehr wohlfühle in dieser Rolle, die ich selber wählen kann. Das ist etwas, was mir große Sicherheit gibt. Aber aufregend ist es natürlich, weil ich da schon sehr viel von mir selber reinstecke, sehr viel Zeit, viel Energie. Man weiß ja am Anfang nicht, wie kommt das an, wie reagieren die Leute, wird das so funktionieren, wie ich mir das vorstelle? Es war jetzt aber schon eine sehr schöne Erfahrung bei den letzten Konzerten!

Kannst du gut mit Kritik umgehen oder geht dir das sehr nah?

Das ist ein immerwährender Lernprozess. Oft kriegt man die Kritik ja gar nicht direkt mit, sondern über Ecken. Das ist aber auch etwas, woran man wachsen kann! Kritik kann ja sehr konstruktiv sein. Manchmal höre ich aber auch zu und sage dann nur, »Ah, da hast du recht«, weil man einfach nichts dran ändern kann. Was mich trifft, ist meistens nicht, dass jemand mit meinem Musikstil nichts anfangen kann, weil das Geschmackssache ist. Mich treffen eher die Dinge, die tiefer gehen, die etwas mit meiner Persönlichkeit zu tun haben. Da lernt man dann entweder dazu zu stehen, oder sich mal von außen zu betrachten und zu schauen, ob man vielleicht daran arbeiten möchte. 

Zu guter Letzt: Ein paar Konzerte hast du ja schon angekündigt. Kommen noch welche dazu?

Am Freitag, dem 15. September 2023 spiele ich zum Release im RadioKulturhaus, danach folgen dieses Jahr noch vier weitere Venues. Im Frühjahr kommen dann noch ein paar dazu.

Super, vielen Dank für das nette Gespräch!

MAIIJA: »I am« (Noise Appeal/Sony Music)

Link: https://www.maiija.net/ 

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