Wie erwartet und wie schon in vielen Interviews vorher wäscht er keine Schmutzwäsche und selbst über Manager, die ihn um viel Geld brachten, verliert er kaum ein böses Wort. Willie erzählt wie er zuerst als Songwriter von Countryklassikern wie »Crazy« Karriere machte, dann gegen den Widerstand der Plattenfirmen die ersten Konzeptalben der Countrygeschichte machte und als einmaliger Interpret des American Songbooks Millionen Platten verkaufte, sowie natürlich von seinen Steuerschulden, die ihm ernsthaft zusetzten und von dem Joint, den er in den 1970ern am Dach des Weißen Hauses rauchte. Eine typische Geschichte für den Menschen Nelson geht so: Er erhält einen Anruf, dass seine Farm brennt, er erkundigt sich, ob die Garage auch schon in Flammen steht. Als das verneint wird, ersucht er einen Neffen das Auto in die Garage zu fahren. Denn wenn die Versicherung schon alles zahlt, dann kann sie auch gleich ein neues Auto übernehmen.
Wie in diesem Genre üblich werden die letzen Jahrzehnte eher stiefmütterlich behandelt, aber Nelson beweist hier einmal mehr, dass er ein Meister der Abgeklärtheit ist, der seinen Talenten immer nachging, auch wenn das menschlich oft schwer zu ertragen war.
Willie Nelson: »Mein Leben: Eine lange Geschichte«
München: Wilhelm Heyne Verlag, 446 Seiten, EUR 23,70