Je länger die Zeit zurückliegt, in der später so genannte Kulturheroen tatsächlich in Fleisch und Blut lebten und wirkten, desto größer auch die Menge von Mythen und Legenden, die diesen zugeschrieben werden. Dass vieles im Leben dieser Personen unbekannt ist, lässt sie logischerweise zur idealen Projektionsfläche werden. Chinas erster Kaiser Qin Shihuangdi, genannt der Drachenkaiser, einte das Reich, von ihm leitet sich der Name des Landes ab. Replikate seiner Terrakotta-Armee werden auf Wanderausstellungen heute um die Welt geschickt. In China gilt Qin aber auch als Inbegriff der Grausamkeit. In »Das Grabmal des Drachenkaisers« unter der Regie Rob Cohens sind die Mitglieder der Archäologenfamilie O’Connell damit beschäftigt, den zum Leben erwachten Widerling den endgültigen Garaus zu machen. Und die Mumie mit der die O’Connells nicht fertig werden ist natürlich noch nicht geboren.
Erwecken und Vernichten
Vater, Mutter und Sohn O’Connell (Brendan Fraser, Maria Bello, Luke Ford) sind einerseits daran beteiligt, die Bestie in Menschengestalt (und auch in anderer wie sich zeigen wird) zum Leben zu erwecken, unabsichtlich, versteht sich. Andererseits sorgen die drei Abenteurer und Wissenschaftler samt schussligen Bruder Jonathan (John Hannah) und mittels weiblicher indigener Unterstützung durch die Schwiegertochter in spe Lin (Isabella Leong) und deren Mutter Zi Yuan (Michelle Yeoh) dafür, dass dem Drachenkaiser (Jet Li) endgültig der Garaus gemacht wird. Auch wenn die Dialoge mitunter klingen, als ob ein Achtjähriger sie geschrieben hätte und die Mumien-Serie halt nur ein ruppiger, eher uncharmanter Indiana-Jones-Abklatsch ist, hat das doch genug Unterhaltungswert für einen Apres-Badetag-Kinoabend.
Von Temudgin zu Dschingis
Als Gottseibeiuns des christlichen Abendlandes gilt der Mongolenherrscher Dschingis Khan, der die Stämme seines Volkes im Mittelalter einte, China eroberte und in Russland einfiel. Dass eben gerade ein russischer Regisseur ein positives Porträt über einen inszeniert, der dort als um nicht viel besser als der Teufel angesehen wird, mag überraschen. Doch Sergei Bodrov beschäftigte sich intensiv mit Temudgin – wie Dschingis hieß bevor er zum Khan ausgerufen wurde – und kam zum Schluss, dass es sich bei demselben trotz seiner kriegerischen Vorgangsweise um einen klugen, weitblickenden, sogar weisen Mann gehandelt haben muss. Sein Film hält sich, so weit bekannt, an die historischen Fakten, konzentriert sich allerdings auf eine Periode in Temudgins Leben, über die so gut wie nichts bekannt ist.
Ein Mann mit vielen Gesichtern
Bodrovs Temudgin, dargestellt vom japanischen Filmstar Tadanobu Asano, erlebt Demütigung, Gefangenschaft, Folter in märtyrerhaftem scheinbaren Gleichmut. Später, bereits zu Macht gekommen, wird er seinen Widersachern Vergebung anbieten. Das jesushafte Styling Asanos wird wohl kaum zufällig sein. Temudgin wird aber auch als liebevoller Vater einer Patchworkfamilie gezeigt, als Ehemann, der jahrelang auf seine verschollene große Liebe Borte (Khulan Chuluun) wartet, als unerschrockener Krieger, als charismatischer Anführer, aber auch als ein spirituell Gesegneter, der einen besonderen Draht zum obersten Stammesgott zu haben scheint. Wer und wie dieser Temudgin war, wird auch weiter im Dunkel bleiben, für die Zukunft des Monumentalfilms sieht es aber schon ganz hell aus.
»Der Mongole« (Mongol)
(R: Sergei Bodrov; BRD/Kasachstan/Russland/Mongolei 2007)
>> www.filmladen.at
>> www.mongolmovie.com
»Die Munie 3: Das Grabmal des Drachenkaisers« (Tomb of the Dragon Emperor)
(R: Rob Cohen; USA 2007)
>> www.themummy.com
>> www.universalpictures.at
Beide zurzeit in österreichischen Kinos.