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Der britische Schindler

Anthony Hopkins spielt Nicholas Winton, Hauptakteur bei der Rettung von fast 700 zum Tode verurteilten jüdischen Kindern im Zweiten Weltkrieg. Der Film »One Life« porträtiert eine wahre Heldengeschichte, die zurecht zu Tränen rührt.

Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs und dem Einmarsch der deutschen Nationalsozialisten in der Tschechoslowakei wird der Londoner Börsianer Nicholas Winton, selbst jüdischer Abstammung, auf das Elend der aus Deutschland und Österreich geflohenen und in Prag gestrandeten Menschen aufmerksam. Mit einem starken Willen und gemeinsam mit örtlichen, gut organisierten, äußerst mutigen Helfer*innen gelingt es ihm, ansässige Flüchtende zu überzeugen, sich in einer Liste zu registrieren, und mittels besonderer Überzeugungsarbeit bringt er die Behörden in England dazu, diese Menschen – vor allem Kinder – als Flüchtende zu akzeptieren und zu guter Letzt Geld für Visa zu akquirieren. Im Rahmen einer groß angelegten Zeitungskampagne können mit Hilfe der gesammelten Daten Pflegeeltern für viele der Kinder gefunden werden.

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15.000 Menschen aus der damaligen Tschechoslowakei kamen in die Lager, nur 200 davon haben überlebt, doch 669 der Gestrandeten konnten mit der Hilfe von Nicholas Winton gerettet werden. Der Film zeigt die Aktion aus der Perspektive Wintons, gespielt von Anthony Hopkins, der in späteren Jahren auf sein Leben zurückblickt und sichtbar noch immer mit seinen Erinnerungen zu kämpfen hat: Den Großteil der Menschen konnte er nicht retten. Sprung zurück: Der junge Nicky Winton (Johnny Flynn) und seine Mutter (Helena Bonham Carter) leisten Überzeugungsarbeit, besonders die widrigen Gespräche mit den Behörden erzeugen Spannung, wie sie auf der anderen Seite Prags herrscht, wo man voller Angst vor dem Einmarsch der Mörder akribisch auf eine Flucht hinarbeitet.

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Der Film ist sehenswert, weil er einen besonderen Menschen porträtiert, dessen individuelle Handlungen etwas Heldenhaftes, Rührendes haben, ohne darauf zu verzichten, sie im Kontext seiner Helfer*innen in England und der Tschechoslowakei zu zeigen. Nicht zuletzt war es ein Aufstehen durchschnittlicher Menschen, das entscheidend dazu beitrug, die Kinder zu retten, nämlich das von zahlreichen britischen Familien, die sich zur Adoption bereiterklärten und so den Transport per Zug über die Grenzen von Deutschland und der Niederlande nach England ermöglichten. Erst in späten Jahren erhielt die Arbeit des »britischen Schindler« öffentliche Aufmerksamkeit. Winton starb 2015 im Alter von 106 Jahren.

Interessantes Detail am Rande: Nachdem der israelische Film »Golda« (2023) des israelischen Regisseurs Guy Nattiv mit Helen Mirren in der Hauptrolle mutmaßlich aufgrund einer antisemitischen Kampagne in Großbritannien kaum gezeigt wurde und mehr oder weniger floppte, entschied man sich bei BBC Film, der Produktionsfirma von »One Life«, Winton im Pressetext nur als »Retter von Kindern« zu bezeichnen. Erst später korrigierte man den Text zu »überwiegend jüdischer Kinder«. Ein beachtliches Beispiel für antisemitische Cancel Culture. 

»One Life« von James Hawes ist beim Jüdischen Filmfestival Wien am Freitag, dem 21. März 2024 um 19:00 Uhr im Metro Kino zu sehen.

Link: https://www.jfw.at/one-life

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